Zu wenig Personal und wachsender Widerstand
Die Taliban haben Mühe, die Macht zu halten

Die Taliban scheinen grosse Mühe zu bekunden, das Land zu regieren. Die Afghanen formieren sich zum Widerstand, denn sie haben nun einen Grund, für einen eigenen Staat zu kämpfen.
Publiziert: 24.08.2021 um 10:59 Uhr
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Aktualisiert: 24.08.2021 um 12:09 Uhr
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In Afghanistan haben sich Vertreter der Taliban mit dem früheren afghanische Präsidenten Hamid Karsai getroffen.
Foto: AFP

In nur zehn Tagen haben die Taliban Afghanistan überrollt und sind nun plötzlich an der Macht. Doch regieren ist gar nicht so einfach, merken sie nun selber. Es fehlt die Erfahrung, es fehlt das Personal. Und vor allem: Der vor kurzem plattgewalzte Widerstand gegen die Islamisten hat sich erholt und beginnt sich zu formieren.

Zuerst war es das Pandschirtal, das den Kampf gegen die Taliban angesagt hatte. Am Freitag sind die drei Distrikte Bano, Dih Salah und Puli Hisar in der Provinz Baghlan im Norden des Landes zurückerobert worden. Nun sollen sich Truppenverbände der ehemaligen staatlichen Arme nach Pandschir aufgemacht haben, um den Talbewohnern zu helfen.

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Polizeiwachen kaum besetzt

Den Taliban scheint die Macht, die sie mit einem Bild vom besetzten Präsidentenpalast gefeiert hatten, wieder zu entgleiten. Die Taliban, die heute an der Spitze sind, haben kaum Erfahrung im Führen eines Staates. In diesen Tagen trafen sie sich mit Hamid Karzai (63), der 2001 bis 2014 Präsident von Afghanistan war. Um Nachhilfe zu nehmen?

Zudem herrscht bei den Taliban akute Personalnot. Die auf 30’000 bis 40’000 Mann grosse Exremistentruppe hat schlicht nicht genug Männer, um einen Staat zum Laufen zu bringen und die Kontrolle über die Regionen zu halten, wie der «Spiegel» schreibt.

Zitiert wird ein europäischer Ex-Militär, der versuchte, Kämpfer der neuen Staatsmacht zu finden, um Ausländer zum Flughafen von Kabul zu bringen. Er sagt: «Ich bin drei Stunden lang von Polizeistation zu Polizeistation gefahren. Aber in keiner der Wachen, wo vorher Dutzende Polizisten waren, habe ich mehr als drei, vier Männer gesehen.»

In Kabul kommt es sogar zu Demonstrationen. Die Taliban halten sich dabei mehr oder weniger zurück und schiessen drohend über die Köpfe der Demonstranten hinweg. Offenbar ist es ein Befehl, offene Kämpfe zu vermeiden – aus Furcht vor den grossen Menschenmengen.

Afghanen fassen Mut

Gegenüber dem Pandschirtal haben die Taliban Verhandlungen angeboten. Offenbar ist für sie eine Stürmung des Tals zu heiss. Inzwischen ist laut «Spiegel» eine knapp fünfstellige Zahl trainierter Soldaten und Milizionäre im Tal angekommen, darunter viele der einst rund 25’000 Mann starken Spezialeinheiten.

Am Südrand des Pandschirtals haben Anti-Tailban-Truppen ohne grossen Widerstand die wichtige Überlandstrasse bis zum Salang-Tunnel eingenommen, die einzige gut ausgebaute Nord-Süd-Verbindung.

Es sieht danach aus, als ob sich die Afghanen vom Schock der Talibanstürmung erholt haben. Und dass sie nach dem Abgang der verhassten offiziellen Regierung unter Aschraf Ghanis (72) den Mut fassen, gegen die Islamisten und für ein eigenes Land zu kämpfen. (gf)

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