Keine echten Dschihadisten – siegreich nur dank Abzug der Amerikaner
Darum spottet der IS über die Taliban

Die Taliban und der IS sind sich spinnefeind. Wenigstens jetzt noch. Denn laut Terrorexperten könnten sich die beiden Islamisten-Gruppierungen die Hand reichen.
Publiziert: 23.08.2021 um 15:10 Uhr
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Aktualisiert: 23.08.2021 um 16:02 Uhr
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Taliban in Kabul auf Patrouille. Von IS-Kämpfern werden sie kritisiert.
Foto: imago images/UPI Photo

Der Erfolg der Taliban in Afghanistan dürfte Islamisten auf der ganzen Welt beflügeln. Terrorexperten gehen davon aus, dass es zu mehr Anschlägen kommen könnte. Spannen die Extremisten der Taliban und des Islamischen Staats (IS) sogar zusammen?

Wenigstens vorläufig gibt es keine Anzeichen für eine Terrorallianz. Im Gegenteil. Der IS verspottet die Taliban und sagt, dass diese in Afghanistan nur siegreich gewesen seien, weil die Amerikaner das Land verlassen hätten.

In ihrem ersten Kommentar nach der Machtübernahme durch die Taliban kritisierten IS-Vertreter, die afghanische Bewegung habe keinen echten Dschihad geführt, und äusserte Zweifel daran, dass sie die Scharia wirklich umsetzen könne. Auch Verhandlungen mit dem Westen, wie es die Taliban machen, sind für den IS ein Tabu.

Der IS hat nach Angaben der US-Regierung sogar mit einem Anschlag auf den Flughafen von Kabul gedroht. «Die Bedrohung ist real, sie ist akut, sie ist anhaltend», sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden (78), Jake Sullivan (44).

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Der IS ist ein Eindringling

Der IS ist in Afghanistan seit 2015 präsent und besteht hauptsächlich aus ehemaligen pakistanischen Talibankämpfern, die Militäroffensiven über die Grenze getrieben hatten. Immer wieder kommt es zu Kampfhandlungen mit den Taliban, wie 2018, als in der afghanischen Provinz Dschausdschan innert drei Tagen rund 120 Extremisten getötet wurden. Die Taliban bezeichnen den IS als Eindringling.

Wenn auch beide Strömungen den Islamismus als Grundlage haben, unterscheiden sie sich stark voneinander. Die Taliban setzen sich hauptsächlich aus Paschtunen zusammen, die einen politischen Anspruch in Afghanistan verfolgen. Der IS besteht aus Arabisch sprechenden Mitgliedern, die mit Verstärkung durch Sympathisanten aus der ganzen Welt ein Kalifat errichten wollen, das weit über die Grenzen des Nahen Osten hinaus reichen soll.

Guido Steinberg, Terrorismusexperte und Forscher an der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, sagte der Deutschen Welle (DW), dass der internationale Dschihadismus faktisch in zwei Lager gespalten sei. «Auf der einen Seite haben wir den sogenannten Islamischen Staat mit all seinen Provinzen in Afghanistan, im Kaukasus, in Afrika, im Jemen. Er steht den Taliban wie Al Kaida gleichermassen feindselig gegenüber.»

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Neue Generation an der Macht

Trotz der Differenzen schliessen Experten eine Vereinigung nicht aus. Heute arbeiten die Taliban in Afghanistan schon mit Al Kaida eng zusammen. Jassim Mohamad, Terrorismusforscher am European Centre for Counterterrorism and Intelligence Studies, sagt auf DW, dass sich durchaus auch die bisher verfeindeten Taliban und der IS die Hand reichen könnten.

Mohamad: «Das Nächste könnte ein Abkommen zwischen den Taliban und dem IS sein. Ein solches Abkommen könnte etwa die Vereinbarung enthalten, dass der IS seine Operationen nur ausserhalb Afghanistans durchführt.»

Eine Terrorallianz schliesst auch Steinberg nicht aus. Er glaubt, dass die heutigen Führer aus taktischen und strategischen Fehlern ihrer Vorgänger die Lehren gezogen haben. «Das bedeutet, dass eine neue Generation diese alten Konflikte womöglich nicht mehr weiterführen möchte und stattdessen zusammenarbeiten wird», sagt Steinberg. (gf)

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