Sie hatten sich milde präsentiert, fast schon angepasst. In ihrer ersten Ansprache vor den Medien nach der Machtübernahme in Afghanistan lieferten die Taliban schön klingende Versprechen.
Es würde keine Rache-Akte geben, keine Verfolgungen. Und selbst Frauen wurden Rechte zugesichert – wenn auch nur «im Einklang mit der Scharia».
Die Welt wunderte sich: Haben sich die Taliban tatsächlich verändert? Die Realität in den Städten Afghanistans beweist nun, dass die Islamisten nichts von ihrer Brutalität verloren haben. Ihr Terror verbreitet schon wieder Angst und Schrecken im ganzen Land.
Taliban fesseln und erschiessen Ex-Polizeichef
Bereits in den vergangenen Tagen häuften sich Berichte über regelrechte Suchtrupps der Taliban, die mit Todeslisten von Haus zu Haus ziehen und frühere Kollaborateure jagen. «Sie suchen wie wild nach Personen, die an der Seite der Streitkräfte gegen die Taliban gekämpft haben», sagt ein Augenzeuge gegenüber der britischen Zeitung «Guardian».
Was die Taliban dann mit Menschen machen, die nicht auf einer Linie mit den Islamisten sind, haben sie nun am Beispiel von Haji Mullah Achakzai gezeigt. Bis vor wenigen Tagen war Achakzai noch Polizeichef der Provinz Badghis im Nordwesten des Landes, bekämpfte die Milizen und Handlanger der Taliban. Nach der Machtübernahme geriet er selber in Gefangenschaft der Schergen.
Die Taliban haben nun ein Video veröffentlicht, welches die Hinrichtung von Achakzai zeigt. Gefesselt und mit verbundenen Augen muss der Ex-Polizeichef am Boden knien, dann wird er mit mehreren Gewehrschüssen getötet.
Der Westen zieht ab, der Terror kommt
Wer früher aus Afghanistan berichtet hat, ist nun ebenfalls vor blutigen Angriffen nicht mehr sicher. Wie die «Deutsche Welle» berichtet, suchten die Kämpfer vor Ort nach einem Journalisten des deutschen Auslandfunks, der das Land aber bereits verlassen hatte. Auf der Jagd nach dem Reporter töteten die Taliban einen Familienangehörigen, ein weiterer wurde verletzt.
Auch gegenüber der deutschen «Bild» erzählen Geflüchtete von gnadenlosen Verfolgungsjagden, Vergewaltigungen, Kindesentführungen und Erschiessungen durch die Taliban.
All diese Beispiele zeigen: Die Islamisten wahrten den Schein der Milde nur kurz. Während der Westen hastig die letzten Staatsangehörigen und Mitarbeiter aus Afghanistan abzieht, entfaltet das Regime jetzt immer mehr seinen Terror.
Auch einem für die Uno erstellten Bericht zur Lage in Afghanistan zufolge sind die Taliban gezielt auf der Suche nach vermeintlichen Kollaborateuren des Westens und drohen offen mit Repressalien für deren Familienmitglieder. In dem vertraulichen Papier des RHIPTO Norwegian Center for Global Analyses, der der Nachrichtenagentur DPA vorliegt, heisst es, dem grössten Risiko seien Personen ausgesetzt, die wichtige Positionen im Militär, der Polizei oder anderen Ermittlungsbehörden eingenommen hatten. (cat)