Wurde er erschossen?
Kadyrow-Kritiker spurlos in Schweden verschwunden

Medienberichten zufolge fiel der tschetschenische Oppositionelle Tumso Abdurachmanow einem Attentat zum Opfer. In Schweden, wo der Mann eine Aufenthaltsgenehmigung als Flüchtling hat, hüllen sich die Behörden in Schweigen.
Publiziert: 06.12.2022 um 18:21 Uhr
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Aktualisiert: 07.12.2022 um 06:26 Uhr
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Tumso Abdurachmanow trat im Internet angeblich unter dem Namen Abu-Saddam Shishani auf.
Foto: Screenshot Telegram/@1Aadat
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Georg NopperRedaktor News

In Schweden ist der tschetschenische Regierungsgegner Tumso Abdurachmanow (36) offenbar unter mysteriösen Umständen verschwunden. Fiel er einem Mordanschlag zum Opfer? Das regierungskritische tschetschenische Medium «1Adat» schreibt auf seinem Telegram-Kanal unter Berufung auf ein «Netzwerk von Informanten aus Europa und Tschetschenien», es habe «genügend Informationen», um zu bestätigen, dass der 36-jährige Blogger in der Nacht auf Montag «von einer Gruppe von Personen erschossen wurde». Sein Bruder Muhammad Abdurachmanow, der mit ihm zusammenarbeitete, sei von Sicherheitsdiensten versteckt worden.

Tumso Abdurachmanow war 2015 aus Tschetschenien geflohen. 2021 erhielt er in Schweden den Flüchtlingsstatus. Wo sich der angebliche Anschlag gegen ihn zutrug, ist unklar. Die schwedische Polizei kann die Informationen über sein Verschwinden auf Anfrage der Zeitung «Aftonbladet» nicht bestätigen. Eine Pressesprecherin will keine weiteren Kommentare zum Sachverhalt abgeben.

Hammer-Attacke im Jahr 2020

Im Februar 2020 war Tumso Abdurachmanow zu Hause im schwedischen Gävle bereits Ziel einer Hammer-Attacke. Er konnte den Angreifer jedoch überwältigen. Der Mann – ein Tschetschene und russischer Staatsbürger – wurde später wegen versuchten Mordes zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Eine Komplizin bekam anderthalb Jahre Haft wegen Beihilfe. Wie Abdurachmanow im März 2021 erklärte, sei auch sein Bruder bereits knapp einem Mordanschlag entkommen. Die Tat war den Angaben zufolge in Deutschland geplant.

Im Internet übte Abdurachmanow offenbar unter dem Namen Abu-Saddam Shishani scharfe Kritik an der Situation in der russischen Teilrepublik Tschetschenien und an Präsident Ramsan Kadyrow (46), einem treuen Gefolgsmann des russischen Präsidenten Wladimir Putin (70), auch bekannt unter dem Spitznamen «Putins Bluthund». Der Blogger warf Kadyrow schwere Menschenrechtsverletzungen wie Entführungen, Folter und aussergerichtliche Tötungen vor.

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Erinnerungen an den Tiergartenmord

Abdurachmanow hatte Tschetschenien eigenen Angaben zufolge nach einem Konflikt mit einem Verwandten Kadyrows verlassen. 2019 schwor der Vorsitzende des tschetschenischen Parlaments, Magomed Daudow (42), angeblich Blutrache gegen Tumso Abdurachmanow. Von tschetschenischer Seite wurde dies dementiert. In Tschetschenien werden dem Blogger laut einem Bericht des aus dem Exil operierenden russischen Nachrichtenportals «Meduza» Verbindungen zur Terrororganisation Islamischer Staat (IS) nachgesagt.

In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Mordanschläge auf Kadyrow-Gegner, etwa in Katar, Dubai oder Österreich. Der vermutete Mordanschlag gegen Tumso Abdurachmanow erinnert auch an den sogenannten Tiergartenmord im August 2019 in der deutschen Hauptstadt Berlin. Bei dem Opfer handelte es sich damals um einen Georgier, der der tschetschenischen Minderheit in seinem Heimatland angehörte. Die deutschen Ermittler machten den russischen Geheimdienst FSB als Auftraggeber verantwortlich. Russland bezeichnete die Vorwürfe als politisch motiviert.

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