Schiessstände, Hindernisparcours und Indoor-Skydiving: Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Erlebnispark – tatsächlich handelt es sich um ein Umerziehungslager in Tschetschenien. Der tschetschenische Staatschef Ramsan Kadyrow (46) entführt «schwierige Jugendliche» aus der Ukraine und bringt ihnen in Umerziehungslagern «russischen Patriotismus» bei.
Die Kinder nehmen an Sportveranstaltungen teil, besuchen Sehenswürdigkeiten der Region und werden für das Militär begeistert. 200 männliche Jugendliche «aus verschiedenen Regionen Russlands, darunter auch aus den Volksrepubliken Luhansk und Donezk» wurden in die Lager gebracht.
Kadyrow postete auf seinem Telegram-Kanal ein Video, das wie ein Werbefilm aussieht. «Die Menschen sind glücklich und hilfsbereit, ich bin wirklich gerne hier», sagt ein Teenager in einem Video, das Kadyrow auf Telegram teilte. Auf seinem T-Shirt sind der russische Präsident Wladimir Putin (70) und Kadyrow persönlich zu sehen. «Mir gefällt die tschetschenische Kultur. Die Menschen sind sehr gastfreundlich», so der Junge. In den Lagern werde «mit den Kindern präventive Arbeit im Sinne einer militärisch-patriotischen Erziehung geleistet», erklärt Kadyrow selbst.
Ukrainische Identität ausradiert
Ahmed Dudajew, Minister für nationale Politik, lobt die Idee von Kadyrow, denn er denke über die Landesgrenzen der eigenen Republik hinaus. «Diese Jugendlichen hatten kein einfaches Leben», erklärt der Mann. Immerhin hatten einige von ihnen Krieg erlebt und wurden aus ihrer Heimat deportiert. «Dank unserer Republik öffnet sich eine neue Tür für sie», sagt Dudajew. Fernab der Heimat, weit weg von ihren Familien und Bekannten.
Die entführten Kinder, denen die tschetschenisch prorussische Kultur eingetrichtert wird, stelle eine «umfassende ethnische Säuberung» dar. Kadyrow beschreibt es als «Neubewertung der Interessen», andere bezeichnen es als Gehirnwäsche. Die ukrainische Identität wird Kindern aus den annektierten Gebieten ausradiert.
Jugendliche werden entwurzelt
Kadyrow arbeitet ausserdem mit der russischen Kinderrechtsbeauftragten Maria Lwowa-Belowa zusammen. Auch sie erzählte, wie ukrainischen Kindern beigebracht werde, Russland zu lieben. Experten des «Institute for the Study of War» (ISW) sprechen von einer gezielten «Entvölkerungskampagne».
Laut ISW werben stellvertretende Beamte mit der Adoption ukrainischer Kinder. Russische Quellen berichten von 150'000 Kindern, die in der Ukraine von ihren Familien zurückgelassen wurden und nun in Russland adoptiert worden sein sollen. Die Ukraine spricht von 7000 entführten Kindern.