Ein britischer Reporter steht in Sewastopol, filmt sich, während über ihm das Grollen der einschlagenden Raketen zu hören ist. Ungewöhnlich: Der Angriff erfolgt am helllichten Tag, der Himmel ist blau, die Sonne strahlt. «Sewastopol wird angegriffen», sagt der Reporter, stellt das Video danach auf X, ehemals Twitter.
Was er zu dem Zeitpunkt nicht weiss: Er wird Zeuge eines spektakulären Angriffs der Ukraine gegen die Schwarzmeerflotte von Russland. Laut russischen Quellen erfolgt der Angriff in Wellen: Zunächst wohl mit einer modifizierten Antischiffsrakete vom Typ Neptun, in Kombination mit Drohnen, die aber abgeschossen wurden.
Zeitpunkt ist kein Zufall
Danach folgt der Hauptschlag gegen die offenbar überrumpelte Luftabwehr: Sieben britische «Storm Shadow»-Raketen werden auf das Hauptquartier abgefeuert, mindestens eine ist ein Volltreffer.
Der Zeitpunkt ist kein Zufall: Denn tagsüber dürften hochrangige Entscheidungsträger eher in den Gebäuden zu vermuten sein. Und wie Geheimdienstchef Kirill Budanow berichtet, sollen die Kommandanten Alexander Romantschuk und Oleg Tsekow beim Angriff verwundet worden sein. Insgesamt sollen neun Personen getötet und 16 Personen verletzt worden sein.
Die Nachricht, dass Admiral Wiktor Sokolow, der Kommandant der russischen Schwarzmeerflotte, getötet wurde, ist nicht bestätigt. Sollte Romantschuk verwundet sein, würde das die russische Armee empfindlich schwächen: Er ist Vizechef der russischen Streitkräfte in Saporischja.
Dass der Angriff tagsüber erfolgt, könnte laut «Spiegel» aber auch mit der Konfiguration der russischen Luftverteidigung zusammenhängen. Diese ist normalerweise auf nächtliche Angriffe ausgelegt.
Schlag mithilfe von russischen Bewohnern durchgeführt
Der Sprecher der Luftwaffe, Juri Ignat, sagte im ukrainischen Fernsehen, er sei zwar mit dem Ergebnis des Angriffs zufrieden, habe aber gehofft, dass die Auswirkungen noch dramatischer ausfallen würden. «Um ehrlich zu sein, wollte ich ein grösseres Loch», sagte er.
Ignat sagte weiter, dass solche erfolgreichen Schläge beste Werbung für die Waffen der Ukraine seien. «Aus irgendeinem Grund kann die russische Luftverteidigung zum x-ten Mal nicht damit umgehen. Fortsetzung folgt.»
Der Angriff sei mit Hilfe «russischer Bewohner der Krim» durchgeführt worden, die die Ukraine mit Informationen versorgt hätten. Ignat sagte weiter: «Dies ist nicht nur ein Schlag ins Herz der Seestreitkräfte der Schwarzmeerflotte, es ist ein Schlag gegen die Diktatur Putins.» (neo)