Wladimir Putin (70) braucht mehr Männer für den Krieg in der Ukraine. Und die holt er sich auch im Ausland, beispielsweise in Kuba. «Wir haben nichts gegen die Kubaner, die sich legal an der Spezialoperation der russischen Armee beteiligen wollen», sagte der kubanische Botschafter in Russland, Julio Antonio Garmendía Pena, am Samstag. Tatsächlich sind bereits Hunderte Kubaner nach Russland gekommen, um in der Ukraine zu kämpfen. Die Gründe dafür liegen Jahrzehnte zurück.
Als sich die USA und die Sowjetunion im Kalten Krieg befanden, wurde der Inselstaat in der Karibik zum wichtigen Verbündeten des Ostens. Die Sowjetunion schützte in den 1960er Jahren den sozialistischen Staat Kuba vor den USA und durfte im Gegenzug atomare Waffen auf der Insel stationieren. Damit hielten sich während der Kubakrise die beiden Weltmächte die Waffe an den Kopf.
Der Einfluss der sowjetischen Mächte ist auch heute noch stark spürbar. Seit die Kommunisten Kuba 1989 fluchtartig verlassen haben, steht die Wirtschaft des Landes still. Auf den Strassen sind mehr Pferde mit Kutschen als Autos zu sehen – die Menschen leben in Armut. Ein Kriegseinsatz in der Ukraine scheint vor dem Hintergrund für viele eine echte Zukunftsperspektive.
Aeroflot fliegt von Havanna nach Moskau
«Mein Sohn wollte uns eine bessere Zukunft ermöglichen», sagt die Mutter eines Kubaners, der in die Ukraine ging, zu CNN. Doch die Russen rekrutieren Kubaner mit einer perfiden Masche. Auf Facebook etwa tauchen Posts auf, wonach Kubaner angeblich als Köche und Bauarbeiter gesucht werden. Freiwillige, die sich melden, werden über Whatsapp kontaktiert. Anschliessend werden die Verträge unterschrieben und die Männer nach Moskau geflogen. Tatsächlich bietet die Fluggesellschaft Aeroflot mittlerweile Direktflüge von Havanna nach Moskau an. Viele Einheimische verlassen erstmals die Insel.
Die Mutter des Kubaners sagt zu CNN, dass ihr Sohn erstmals Pizza und Glace essen durfte. Schon nach kurzer Zeit stellt sich jedoch heraus, dass die Männer gar nicht als Köche oder Bauarbeiter gebraucht werden.
«Sie mästeten ihn für die Schlachtung», berichtet die Mutter. Seine Familie kann sich zwar plötzlich Lebensmittel wie Fleisch und Kaffee leisten. Das hat jedoch seinen Preis. «Mama, ich bin in der Ukraine an der Front», so der Sohn. «Sie sind dort, um die russischen Truppen zu schützen. Sie sind Kanonenfutter», klagt wiederum die Mutter. Zu ihrem Sohn hat sie inzwischen keinen Kontakt mehr – ihm wurde das Handy weggenommen.
Auch Alex V.* (19) und Andorf W. (19) wurden online über die Masche rekrutiert. Wie kubanische Medien schrieben, wurde den beiden jungen Männern gesagt, sie würden auf einer Baustelle arbeiten. In Moskau durchliefen sie ein beschleunigtes Einbürgerungsverfahren. Dann begann das Training für den Krieg – obwohl davon im Vertrag nie die Rede war.
Illegaler Menschenhandel mit Söldnern
Dass Kubaner im Krieg kämpfen, merken auch russische Soldaten. «Als ich im Bataillon stand, war ich geschockt: Da waren nur Kubaner und Serben», sagte ein Offizier zu «Moscow Times». «Wie sollen wir mit ihnen arbeiten? Nicht jeder spricht Russisch. Und das sind nicht irgendwelche Söldnertruppen – die stehen unter Vertrag mit dem Verteidigungsministerium.»
Das kubanische Aussenministerium stellt klar: «Kuba ist nicht Teil des Ukraine-Kriegs.» Anfang September wurden 17 Kubaner wegen Menschenhandels verhaftet. Sie sollen Söldner für den Ukraine-Krieg rekrutiert haben, berichtet BBC Russia. Nun drohen ihnen 30 Jahre oder länger Haft. Und auch die russische Botschaft in Kuba erklärt, dass die illegalen Machenschaften zu verurteilen seien. Wollen kubanische Staatsbürger aber beim Verteidigungsministerium unter Vertrag stehen, sei das aber keine Straftat, so die russische Regierung.
Das sehen die USA anders. Die US-Regierung ist alarmiert. «Wir haben Kenntnis von diesen Berichten und versuchen derzeit, einige zusätzliche Informationen zu bewerten», sagte Vedant Patel, stellvertretender Leiter des Pressedienstes des US-Aussenministeriums, beim Briefing am 5. September. Und: «Ich kann nichts zum Wahrheitsgehalt oder zu den in dieser Erklärung enthaltenen Informationen sagen, aber wir werden sie weiter prüfen.»
*Namen bekannt