Russland startet Teilmobilisierung
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300'000 Soldaten mehr:Russland startet Teilmobilisierung

Grossstädter bleiben verschont
Putins Mobilmachung trifft die Ärmsten

Während in den grossen russischen Städten die Bürger gegen die Mobilisierung demonstrieren, fahren Busse mit Wehrpflichtigen bereits Richtung Ukraine. Vor allem mittellose Bürger werden abgeholt.
Publiziert: 23.09.2022 um 13:34 Uhr
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Aktualisiert: 23.09.2022 um 15:52 Uhr
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Scharenweise kommen Busse in russischen Städten an und holen die Reservisten ab. Familien verabschieden sich unter Tränen.
Foto: Screenshot Twitter

Putins angekündigte Teilmobilmachung ist bereits in vollem Gange. Junge wie alte Männer verabschieden sich von ihren Familien. Manche freuen sich darauf, für ihr Vaterland kämpfen zu dürfen. Andere verabschieden sich unter Tränen und befürchten, dass sie ihre Verwandten nie wieder sehen.

Doch im Westen, rund um die grossen Städte Moskau, St. Petersburg und Kasan, gibt es kaum Berichte, dass wehrpflichtige Bürger einberufen werden. Stattdessen werden die meisten Menschen aus den Regionen in Transbaikalien einberufen, wie «Bild» berichtet. Zum Beispiel fahren die Busse an die Grenze zur Mongolei nach Burjatien sowie nach Jakutsk und Sachalin, zwei Orte im Osten Russlands. Und auch in den Republiken Tschetschenien und Dagestan werden ehemalige Soldaten eingesammelt. Die Busse fahren in den Westen, an die Front in der Ukraine.

Beobachter zeigen sich besorgt. Denn die Auswahl derer, die in den Krieg geschickt werden, wirkt gezielt. Es handelt sich um Männer aus armen Regionen Russlands, viele davon sind muslimisch. So scheint es, als empfände der Kreml die Menschen aus diesen ländlichen Teilen weniger schützenswert als jene in den grossen Städten.

Teilmobilmachung wird «Wettkampf der Regionen»

Das sorgt sogar im staatlich kontrollierten Fernsehen für Empörung und Diskussionen. Ein russischer Gouverneur mahnte, dass es nicht zu «einem Wettkampf der Regionen» kommen dürfe. Er forderte auf, dass gleich viele Reservisten aus allen Regionen Russlands entsandt werden.

Während in den russischen Grossstädten Tausende auf die Strasse gehen, um gegen die Teilmobilmachung zu protestieren, ziehen weitere Tausende in den Krieg. Neben armen Regionen in Russland werden auch in den zentralasiatischen Nachbarländern Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan Menschen für den Dienst in der Armee geködert. In diesen Ländern herrschen schlechte Lebensbedingungen, viele sind arbeitslos. Wer im russischen Militär dient, sein Leben riskiert, bekommt die russische Staatsbürgerschaft, eine Unterkunft und verhältnismässig viel Geld. Die russische Armee scheint diese Umstände auszunutzen, um diese Volksgruppen in den Fleischwolf des Kriegs zu werfen.

Mittellose sind weniger schützenswert

Die Kinder der Kreml-Politiker hingegen haben offenbar nichts zu befürchten. So wurde der Sohn vom Kreml-Sprecher von einem Nawalny-Anhänger unter dem Vorwand angerufen, er solle in der Ukraine für sein Land kämpfen. Der Elite-Sohn verwies auf seinen Namen und erklärte, dass er sich von einem einfachen Offizier nichts sagen lasse.

Wer es sich leisten kann, das Land zu verlassen, flieht. An den Flughäfen Russlands herrscht Chaos, weil so viele Menschen nach Aserbaidschan, Georgien und in die Mongolei flüchten.

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) wandte sich am Donnerstag in einer Rede direkt an die russische Bevölkerung und sagte: «Diejenigen, welche die Entscheidungen in eurem Land treffen, schützen ihre Kinder. Und eure Kinder werden nicht einmal beerdigt.» (jwg)

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