Russlands Kampfkraft schwindet
Scheitert die Teilmobilmachung an fehlenden Waffen?

Wladimir Putin ist in der Ukraine in Bedrängnis geraten und antwortet mit einer Teilmobilmachung von 300'000 Reservisten. Doch westliche Experten zweifeln an der Wirksamkeit dieser Massnahme.
Publiziert: 22.09.2022 um 18:20 Uhr
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Aktualisiert: 22.09.2022 um 19:00 Uhr
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Die ukrainischen Truppen verzeichnen seit zwei Wochen immer wieder wichtige Erfolge gegen das russische Militär.
Foto: IMAGO/ZUMA Wire

Mit knapp 200'000 Soldaten wollte der russische Präsident Wladimir Putin (69) im Februar die Ukraine einnehmen, die «Spezialoperation» sollte eigentlich nicht mehr als drei Tage dauern. Sieben Monate und Tausende tote russische Soldaten später verkündet Putin: Es wird eine Teilmobilmachung der russischen Streitkräfte geben, 300'000 Reservisten sollen zusätzlich in den blutigen Krieg in die Ukraine ziehen.

Nachdem der Krieg in der Ukraine wegen der jüngsten Erfolge der Gegenseite ins Stocken geraten ist, soll die Teilmobilmachung jetzt neue Erfolge für Russland bringen – doch westliche Experten zweifeln. Denn obwohl die Teilmobilmachung zwar neue Kräfte in die Ukraine bringt, fehlt es Russland immer noch an einer entscheidenden Komponente, wie die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (FAZ) berichtet: Kampfkraft.

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Russland fehlt es an Kampfkraft

Als die ukrainische Armee vor zwei Wochen zu ihrer Gegenoffensive im Osten des Landes ansetzten, wurden die russischen Truppen regelrecht überrumpelt. Dementsprechend gross sind der Erfolg der ukrainischen Truppen und die russischen Verluste in den entsprechenden Gebieten. Das Militär sei gravierend geschwächt.

Der britische Geheimdienst prophezeite bereits vergangene Woche: «Es wird wahrscheinlich Jahre dauern, bis Russland diese Fähigkeit wieder aufbauen kann.» Auch der polnische Experte Konrad Muzyka schreibt in einer neuen Studie: «Die westliche Gruppe der Streitkräfte ist wirkungslos gemacht worden, sie hat einen grossen Teil ihrer Kampfkraft verloren.»

An der nördlichen Front werde Russland in den nächsten Monaten also kaum zu einer Offensive fähig sein. Und ein Nachschub von Waffen ist ebenfalls nicht wahrscheinlich. Denn die russische Rüstungsindustrie ächzt unter dem Krieg, zudem haben russische Truppen bei ihrem überstürzten Rückzug wertvolle Ausrüstung zurückgelassen.

Russland fehlt Material für 5000 Soldaten

Dem ukrainischen Generalstab zufolge hat die Ukraine demnach seit Ende August rund 630 Militär-Trophäen der russischen Armee erbeutet. 55 Prozent der bestätigten Ausrüstungsverluste konnten die ukrainischen Streitkräfte unversehrt an sich nehmen. Der Grossteil des zurückgelassenen Arsenals bestehe laut den ukrainischen Behörden aus Panzern, Militärfahrzeugen sowie gepanzerten Kampffahrzeugen – ein riesiger und nicht einfach zu ersetzender materieller Verlust.

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Wie die «FAZ» schreibt, gehen einige Experten davon aus, dass die Ukraine mit diesem Material eine Kampfbrigade von rund 5000 Mann ausstatten könnte. Im Umkehrschluss: Russland fehlt militärisches Material für 5000 Soldaten. Zwar könne Russland auf eingelagerte Bestände zurückgreifen – diese Waffen seien allerdings grösstenteils veraltet. Der Ersatz von modernen Geräten sei kaum möglich und auch die Teilmobilmachung könne da nicht aushelfen.

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Können überhaupt 300'000 Reservisten mobilisiert werden?

Auch das «Institute for the Study of War» (ISW) zweifelt an dem Erfolg der Teilmobilmachung. «Wir sind der Meinung, dass Russland nur begrenzt in der Lage ist, eine grosse Zahl von Reservisten einzuziehen und auszubilden», schreiben Experten vom Institut auf Twitter. «Die von Schoigu genannte Zahl von 300'000 Reservisten ist wahrscheinlich erfunden.» Das Endergebnis dieser Mobilisierung werde wohl «viel geringer ausfallen, als von Moskau erwartet.»

Trotzdem könnte die Ankündigung von Putin eine wichtige Voraussetzung dafür schaffen, dass Russland seine derzeitigen Anstrengungen weiter fortsetzt. «Aber der Trend der russischen Rückschläge kann in den kommenden Monaten nicht umgekehrt werden.» (chs)

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