Am Mittwoch hat Wladimir Putin (69) verkündet: 300'000 Reservisten werden für den Krieg eingezogen. Das betrifft vor allem Bürger, die schon einmal der Armee gedient haben. Doch für manche gilt das offenbar nicht, denn Nikolai Peskow, Sohn des Kreml-Sprechers, ist zwar Reservist, rechnet aber nicht damit, an die Front zu müssen.
Um die Loyalität von Peskow zu testen, rief der Nawalny-Vetraute Dmitri Nisowzew während eines Livestreams auf Youtube bei Nikolai Peskow unter dem Vorwand an, ihn in den Krieg schicken zu wollen. Dafür stellte er sich als Rekrutierungsoffizier vor: «Wir haben Ihnen, Herr Peskow, heute auch auf elektronischem Wege eine Einberufung geschickt, aber Sie haben noch nicht geantwortet.» Der falsche Offizier macht klar, dass der Reservist beim Militärbüro erscheinen soll.
Peskow erklärt daraufhin, dass er selbstverständlich nicht kommen werde. «Dass ich um 10 Uhr abgeholt werde, glauben Sie mir, das nützt weder Ihnen noch mir.» Denn wer weiss, was Papa Dimitri Peskow mit dem Offizier anstellt, wenn er erfährt, dass sein eigener Sohn einberufen wurde.
Gute Kontakte zu den Kreml-Eliten schützt vor Einzug ins Militär
«Wenn Sie wissen, dass ich Herr Peskow bin, müssen Sie verstehen, wie falsch es wäre, wenn ich mich dort aufhalten würde», stellt Peskows Sohn im Gespräch klar. Trotzdem gerät er in Panik. «Ich muss erst einmal verstehen, was hier vor sich geht und welche Rechte ich habe.» Der Reservist macht klar, dass er sich mit allen Mitteln gegen eine Einberufung wehren werde.
Er spricht zwar nicht direkt darüber, dass sein Vater stellvertretender Leiter der Kremlverwaltung und auch noch Putins Pressesprecher ist, die guten Kontakte zum Kreml würden ihm aber sicher nicht schaden, um aus einer solchen Situation herauszukommen. «Ich werde das auf einer anderen Ebene klären», sagt er zu Nisowzew. Auf die Frage, was für eine Ebene das sein soll, antwortet der Reservist nicht. Mit einem einfachen Rekrutierungsoffizier will er offenbar nicht darüber diskutieren.
Von einem Offizier lässt Peskow sich nichts sagen
Doch der angebliche Offizier lässt nicht so leicht locker. «Herr Peskow, sind Sie bereit, an die Front zu gehen?», fragt Nisozew. «Nein, kreuzen sie das nicht an!», ruft Peskow. Danach erklärt der Sohn noch, dass man ihn trotzdem nicht aus den Rekrutierungslisten streichen soll. Denn: «Ich werde tun, was mir gesagt wird. Wenn Wladimir Wladimirowitsch sagt, ich muss dorthin gehen, werde ich gehen.» Sollte der Befehl also von Putin persönlich kommen, würde auch ein Peskow-Sohn in den Krieg ziehen.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow nimmt seinen Sohn in Schutz. Sein Sohn habe ihm von dem Vorfall berichtet, sagte er am Donnerstag in Moskau. Der Kreml-Sprecher deutete an, dass die Äusserungen seines Sohnes aus dem Kontext gerissen wurden: Der vollständige Inhalt des Telefonats zwischen seinem Sohn und dem Blogger sei noch nicht veröffentlicht, sagte er.
Eigentlich wäre Nikolai Peskow der perfekte Kandidat: Er ist ein Reservist der Atomraketenstreitkräfte. Doch der Streich zeigt, dass die Söhne der Machthaber im Kreml definitiv nicht damit rechnen, an die Waffen zu müssen – egal, wie gut ihre militärische Ausbildung ist. Die 300'000 Reservisten aus einfachen Verhältnissen, die keine direkten Kontakte zum Kreml haben, können sich nicht so einfach herausreden: Entweder sie gehen an die Front, oder ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft. (jwg)