Was ist an Putins Drohungen gegen Georgien und Moldawien dran? Armee-Experte Mauro Mantovani ordnet ein
«Militäraktion ist leider nicht auszuschliessen»

Der Kreml stösst unmissverständliche Drohungen gegen weitere Nachbarstaaten aus. Wird Putin neue Fronten eröffnen? Für den Militärstrategen Mauro Mantovani nicht auszuschliessen.
Publiziert: 15.03.2023 um 21:07 Uhr
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Zwei Fronten in Georgien: Hier demonstrieren prorussische Anhänger vor dem Parlament in Tiflis.
Foto: keystone-sda.ch

Während die russischen Truppen in der Ukraine massiven Schaden erleiden, droht der Kreml mit Aggressionen gegen weitere Staaten. Im Zentrum stehen Georgien und Moldawien – beide ohne Organisation wie die Nato im Rücken, beide auf sich selber gestellt, beide mit schwachen Armeen.

Das russische Aussenministerium drohte Georgien nach Protesten gegen schärfere Überwachung auf Twitter: «Wir empfehlen dem georgischen Volk, sich an eine ähnliche Situation in der Ukraine im Jahr 2014 zu erinnern, und daran, wozu sie letztendlich führte.»

Foto: Blick Grafik

Mehrere Male drohte der Kreml auch Moldawien. Er warnte unter anderem vor angeblichen militärischen Provokationen durch die Ukraine im Moldawien-abtrünnigen und prorussisch geführten Gebiet Transnistrien. Laut einem Geheimpapier will der russische Präsident Wladimir Putin (70) das Land bis spätestens 2030 Moskau abhängig machen.

Doch die Moldawier sind auf der Hut: Am Sonntag gelang es der moldawischen Polizei, ein vom Kreml geführtes Netzwerk zu enttarnen und sieben Männer zu verhaften.

Russland hat genügend Kraft

ETH-Militärstratege Mauro Mantovani (59) geht davon aus, dass Russland trotz des Ukraine-Krieges über die Kraft für weitere Angriffe verfügt und tatsächlich auch Ernst machen könnte. «Eine begrenzte Militäraktion Russlands gegen die beiden Länder ist leider nicht auszuschliessen», sagt Mantovani gegenüber Blick. Dabei denke er an einen strategischen Überfall, der die Etablierung einer prorussischen Regierung zum Ziel habe.

Gemäss Mantovani hätte Russland trotz Ukrainekrieg dazu genügend Kapazitäten. «Die dafür nötigen Kräfte könnte Russland ohne grosse Vorbereitung aufbringen, insbesondere seine Luftwaffe wurde im Ukrainekrieg ja erst teilweise eingesetzt.»

Ein Vorwand für einen Angriff sei schnell zu finden, meint Mantovani. «Ein Krieg wäre leicht anzuzetteln nach dem Argumentationsmuster, dass man bedrängten ethnischen Russen zu Hilfe eilen und eine pro-ukrainische Politik sowie die Unterstützung der Kriegspartei Nato unterbinden müsse.»

Putin will Nato auf Distanz halten

Putins Ziel ist klar: Er will seine Nachbarstaaten in seinem Einflussbereich behalten, um so einen Nato-Beitritt dieser Länder zu verhindern und das westliche Militärbündnis auf Distanz zu halten. Das hat er mit Belarus, das ihm im Ukrainekrieg beisteht, schon geschafft. Russland-Experte Ulrich Schmid (57) sagt zu Blick: «Eigentlich ist ihm das auch in Georgien und Moldawien schon gelungen. Weil sie nicht ihr ganzes Territorium kontrollieren, können sie gar nicht der Nato beitreten.»

Seit 1992 ist Transnistrien in Moldawien eine von Russland unterstützte abtrünnige Region, seit 2008 zog Moskau ein ähnliches Szenario in den georgischen Gebieten Abchasien und Südossetien durch.

Provokationen auch in Serbien

Schmid geht davon aus, dass Putin seine Destabilisierungsstrategie verstärken wird. Schmid: «Putin folgt mit seiner Destabilisierung von Moldawien und Georgien der Logik: Wenn diese Staaten schon nicht im Einflussbereich Russlands bleiben, dann sollen sie auch keine Westintegration bekommen.»

Auch in Serbien versuche er, die politische Lage zu destabilisieren. Mit einem gewissen Erfolg: Immer wieder kommt es zu prorussischen Kundgebungen, so etwa an Fussballspielen. Doch Schmid relativiert: «In Serbien hat Putin nur beschränkte Einflussmöglichkeiten, weil das Land eng mit der EU verflochten ist.»

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