Es brodelt auf der deutschen Polit-Bühne. Statt mit bestechenden Argumenten und Programmen sorgen die möglichen Nachfolger von Kanzlerin Angela Merkel (67) derzeit vor allem mit Plagiats-Vorwürfen und anderen Fehltritten für Schlagzeilen.
Nach Annalena Baerbock (40) gerät nun auch Armin Laschet (60) in Erklärungsnot. Der Kanzlerkandidat der deutschen Christdemokraten (CDU) räumt Fehler in seinem Buch «Die Aufsteigerrepublik. Zuwanderung als Chance» aus dem Jahr 2009 ein.
Mindestens eine Passage abgeschrieben
«Mindestens ein Urheber des im Buch verwendeten Materials wird weder im Fliesstext noch im Quellenverzeichnis genannt», sagte Laschet am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. «Um zu klären, ob es weitere Fehler gibt, werde ich unverzüglich die Prüfung des Buchs veranlassen.»
Es gebe in dem Buch offenkundig Fehler, die er verantworte, erklärte Laschet. «Dafür möchte ich ausdrücklich um Entschuldigung bitten, denn sorgfältiges Arbeiten beim Verfassen von Werken und die Achtung des Urheberrechts sind für mich auch eine Frage des Respekts vor anderen Autoren.»
Buch als Integrationsminister verfasst
Zuvor war auf Twitter ein Hinweis auf mögliche Parallelen zwischen einer Passage aus Laschets Buch und einer anderen Veröffentlichung publik gemacht worden.
In dem Buch forderte der heutige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen eine «dritte deutsche Einheit»: Nach der Eingliederung der Vertriebenen und der Wiedervereinigung stehe jetzt die Integration der Zuwanderer an.
Er habe das Werk in seiner damaligen Funktion als nordrhein-westfälischer Integrationsminister verfasst, sagte Laschet. «Es ist ein Debattenbeitrag und er diente dazu, die Arbeit des ersten Integrationsministeriums Deutschlands darzustellen und für eine neue Integrationspolitik bundesweit zu werben. Dementsprechend wurde für das Buch auch auf Ausarbeitungen des Ministeriums Rückgriff genommen.» Das gehe aus dem Literaturverzeichnis und der Danksagung hervor.
Honorar nicht versteuert
Der Reinerlös des Buchs sei an das Integrationsprojekt «Coach e.V.» gespendet worden, das eng mit der Arbeit des Ministeriums verbunden gewesen sei – was seit 2009 bekannt sei.
Wegen dieses Buchs hatte Laschet bereits in der Vergangenheit Probleme. Denn das Honorar in Höhe von 4000 Euro hatte er nicht richtig versteuert. Die Summe wurde zwar bei den Abzügen als Spende angegeben, jedoch nicht als Einkommen eingetragen, schreibt der «Spiegel». 2015 zahlte Laschet die Steuern dann nach.
Auch bei den Flutkatastrophen der letzten Wochen in Deutschland machte Laschet keine gute Figur. Zuerst fiel er beim Besuch der betroffenen Gebiete mit seiner zu guten Laune auf.
Und dann leistete sich Laschet einen peinlichen Auftritt bei einem Interview. «Entschuldigung, junge Frau. Weil jetzt so ein Tag ist, ändert man nicht die Politik», sagt er mit Blick auf Klima-Schutzmassnahmen in der WDR-Sendung «Aktuelle Stunde».
Baerbock soll Quellen nicht angegeben haben
Zuvor wurden bereits Plagiats-Vorwürfe gegen die Kanzlerkandidatin der Grünen laut. Annalena Baerbock soll in ihrem am 21. Juni erschienenen Buch «Jetzt. Wie wir unser Land erneuern» aus anderen Texten zitiert haben, ohne die Quelle anzugeben. Das wirft ihr der österreichische Medienwissenschaftler Stefan Weber (51) vor. «Und wenn man es genau nimmt, handelt es sich auch um mehrere Urheberrechtsverletzungen.»
Baerbock breitet in dem 240 Seiten umfassenden Buch grüne politische Konzepte aus und verbindet diese mit persönlichen Erlebnissen. Einzig: Fussnoten, mit denen sie auf Quellen verweisen könnte, nutzt sie nicht.
Weber räumt ein: «Ein Sachbuch einer Politikerin im Ullstein-Verlag ist keine Dissertation», schreibt er. Aber: «Textplagiate sind ethisch nicht korrekt und wurden auch bereits in Sachbüchern zu Recht bemängelt.»
«Allgemein zugängliche Fakten»
Die Grünen wiesen die Vorwürfe zunächst zurück und sprachen von «Rufmord». Weber versuche, «bösartig» Baerbocks Ruf zu schädigen, sagte ein Sprecher. «Bei den beschriebenen Passagen handelt es sich um allgemein zugängliche Fakten oder bekannte grüne Positionen.»
Kurz darauf ruderte Baerbock selbst zurück. Gegenüber der «Süddeutschen Zeitung» sagte sie: «Rückblickend wäre es sicherlich besser gewesen, wenn ich doch mit einem Quellenverzeichnis gearbeitet hätte.» Sie habe zwar bewusst auf «öffentlich zugängliche Quellen zurückgegriffen», nehme die Kritik jedoch ernst.
Im deutschen Polit-Betrieb kosteten Plagiats-Vorwürfe bereits mehrere Spitzenpolitiker die Karriere – angefangen bei Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU, 49) im Jahr 2011.
Die Plagiats-Vorwürfe sind aber nicht das einzige Problem, mit dem Baerbock derzeit zu kämpfen hat. Nach Schlampereien bei Nebeneinkünften und geschöntem Lebenslauf folgt nun ihr jüngster Fauxpas: In der Tachles-Arena des Zentralrats der Juden benutzte sie bei der Diskussion über Rassismus in Schulbüchern das «N-Wort».
Das Wort zitierte sie, als sie eine Geschichte über einen Schüler erzählte. Der hatte sich geweigert, eine Bildergeschichte zu einem Arbeitsblatt zu schreiben, auf dem das «N-Wort» stand.
Noch bevor das Interview jedoch ausgestrahlt wurde, machte Baerbock auf Twitter auf den Vorfall aufmerksam und räumte ihren Fehler ein. «Leider habe ich in der Aufzeichnung des Interviews in der emotionalen Beschreibung dieses unsäglichen Vorfalls das N-Wort zitiert und damit selbst reproduziert.» Das sei «falsch» und tue ihr leid. (man)