Warum gibt es für die 332 Millionen Amerikaner nur Demokraten oder Republikaner?
Kleine Parteien ohne Chance

In den USA geben die Demokraten oder Republikaner den Ton an. Dass die kleinen Parteien kaum Erfolg haben, liegt am Wahlsystem, das absolute Mehrheiten fordert. Ein schweizerisches Wahlsystem würde die US-Politlandschaft massiv verändern.
Publiziert: 09.11.2022 um 08:53 Uhr
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Aktualisiert: 09.11.2022 um 08:54 Uhr
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Donald Trump an der Versammlung der Republikaner 2020: Er betrachtet die Demokraten als seine Feinde.
Foto: keystone-sda.ch
Guido Felder

Mit den Midterms sind in den USA grosse Wahlen angesagt: Am Dienstag wählen die Amerikaner das ganze Repräsentantenhaus sowie einen Drittel des Senats neu.

Während bei Wahlen in der Schweiz sowie andern demokratischen Ländern jeweils mehrere Parteien um Sitze kämpfen, treten in den USA nur gerade zwei Parteien in Erscheinung: die Demokraten und die Republikaner. Dazwischen klafft ein enormer Graben.

Gibt es denn im Land mit 332 Millionen Einwohnern etwa tatsächlich nur zwei Parteien? Nein, auf nationaler Ebene hat es rund 20. Dass aber nur zwei Parteien derart mächtig sind, liegt vor allem am Wahlsystem. «In den meisten Staaten gilt ‹Winner Takes All›», erklärt Claudia Brühwiler (40), USA-Expertin an der Uni St. Gallen. Das heisst: Wer in einem Bundesstaat die Mehrheit holt, bekommt gleich sämtliche Stimmen, die zu vergeben sind.

In diesem Wahlsystem haben somit praktisch nur die ganz grossen Parteien eine Chance. Claudia Brühwiler: «Wählerinnen und Wähler handeln daher rational, wenn sie sich auf eine der beiden grossen Parteien konzentrieren und ihre Stimme nicht auf eine weniger aussichtsreiche Partei verschwenden.»

Die drei grossen Kleinen

Bei den kleinen Parteien gibts drei – Thirdpartys genannt –, die von gewisser Bedeutung sind: die Green Party, die Constitution Party und die Libertarian Party.

  • Green Party: Sie wurde 1996 gegründet und ist auf kommunaler Ebene eine der erfolgreichsten Parteien. Wie es der Name sagt, engagiert sie sich für Klimaschutz und somit für alternative Energien und eine drastische Reduzierung des CO2-Ausstosses. Im Jahr 2000 holte ihr Präsidentschaftskandidat Ralph Naders (88) 2,7 Prozent der Stimmen.

  • Libertarian Party: Sie fordern Freiheit, wo es nur geht. Bis auf Polizei, Militär und Justiz wollen sie alle Bereiche wie Soziales, Wirtschaft, Verkehr und Transportwesen Privaten überlassen. Sie wurde 1971 gegründet, ihr Wähleranteil bei Präsidentschaftswahlen lag jeweils unter einem Prozent. 2020 hatten sie kurz einen Sitz im Repräsentantenhaus, aber nur, weil eine Republikanerin die Partei gewechselt hatte.

  • Constitution Party: Die 1991 als Taxpayers Party gegründete Partei ist rechts der Republikaner angesiedelt. Die konservative Gruppierung will Kirche und Bibel verstärkt in die Gesellschaft einbinden sowie Homosexualität und Abtreibungen verbieten.

Kleine als Königsmacher

Diese Thirdpartys treten in den USA zwar jeweils kaum in Erscheinung, können aber dennoch wahlbeeinflussend wirken. 2016 verlor die Demokratin Hillary Clinton (75) die Präsidentschaftswahlen gegen Donald Trump (76), obwohl sie in Meinungsumfragen als Favoritin gegolten hatte.

Ein Mitgrund dürfte gewesen sein, dass die Kandidatur des Libertarian Gary Johnson (69) zulasten Clintons gegangen war. Stimmen verlor Clinton auch, weil die Grünen eine weitere Frau in den Wahlkampf geschickt hatten.

Claudia Brühwiler: «Es hat bei Präsidentschaftswahlen immer wieder Drittkandidaten gegeben, die für einen der anderen beiden Kandidaten zum Spielverderber wurden, weil sie diesem die Wähler abspenstig machten, ohne Aussicht auf eine Mehrheit zu haben.»

Wahlreform brächte Änderung

Die USA-Expertin sagt: «Amerika mag zwar nur zwei Parteien haben, aber sie sind recht divers.» Die politischen Grabenkämpfe, die wir etwa in der Schweiz zwischen Parteien beobachteten, fänden in den USA innerhalb der Parteien statt.

Ein Mehr-Parteiensystem sei nur mit einer Wahlreform möglich. «Wenn beispielsweise für das Abgeordnetenhaus ähnlich wie bei unseren Nationalratswahlen ein Proporzwahlrecht eingeführt würde, sähen die Parteienlandschaft und damit die Machtverhältnisse ganz anders aus», sagt Claudia Brühwiler.

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