Darum gehts
- US-Ökonom Brent Neiman kritisiert Trumps Zollberechnungen als falsch und irreführend
- Brent Neiman: Trumps Team nutzt falsche Formel für Zollberechnung
- Trump verhängt Zölle von 10 Prozent plus bis zu 50 Prozent für Länder wie die Schweiz
Er investierte Jahre in seine Forschung und beriet das US-Finanzministerium unter Ex-Präsident Joe Biden (82) in zahlreichen Fragen. Nun könnten seine Publikationen jedoch in einem weltweiten Handelskrieg enden. Die Rede ist vom US-Ökonomen Brent Neiman (46). Bei der Berechnung von Trumps Zöllen soll die neue Regierung eines von Neimans Papieren völlig falsch angewandt haben. Der Ökonom ist schockiert, wie er kurz nach der Verkündung in einem Gastbeitrag der «New York Times» schrieb.
«Meine erste Frage nach Trumps Tafelpräsentation war: Wie um alles in der Welt haben sie diese enormen Sätze berechnet?» Am nächsten Tag muss der Ökonom fassungslos feststellen: «Das ganze Chaos betrifft mich persönlich.»
«Völlig falsch»
Denn: Als Trumps Handelsbeauftragter die Methodik für Trumps Berechnungen enthüllte, wurde darin ein ihm äusserst bekanntes Forschungspapier zitiert. «Sie zeigten eine Publikation von vier Ökonomen – inklusive mir», erklärt Neiman in seinem Meinungsartikel. «Scheinbar als Unterstützung ihrer Zahlen. Aber sie haben es falsch verstanden. Völlig falsch.»
Neiman ist Professor an der Universität Chicago und gilt als einer der einflussreichsten Ökonomen der USA. Er hat prestigeträchtige Diplome der Universitäten Harvard, Pennsylvania und Oxford vorzuweisen.
Ökonom: Trump-Team nutzt falsche Formel
Konkret: Der 46-Jährige hat gemeinsam mit anderen Ökonomen eine Studie über die Auswirkungen von Zöllen auf den internationalen Handel durchgeführt. Die Studie untersuchte, wie sich Zölle auf die Preise von importierten Waren auswirken. Ein zentrales Ergebnis war, dass die meisten ausländischen Anbieter ihre Preise kaum senken, wenn Zölle erhoben werden. Stattdessen wird der Zoll grösstenteils an die US-Importeure weitergegeben. Dies wird als hohe «Weitergabequote» («pass-through rate») bezeichnet, die bei etwa 95 Prozent liegt.
Trump und seine Handelsbeauftragten haben in ihrer Rechnung jedoch einen Wert von 25 Prozent für die Weitergabequote verwendet. Dies bedeutet, dass sie annahmen, nur ein Viertel der Zölle würden an die US-Importeure weitergegeben werden. Tatsächlich jedoch wird fast der gesamte Zoll weitergegeben, was zu einer erheblich höheren Belastung für die US-Wirtschaft führt, als das Trump-Team annimmt.
«Ich weiss es nicht»
«Woher kommen diese 25 Prozent?», fragt sich Neiman in dem Gastbeitrag. «Ich glaube, sie haben die falsche Zahl genommen. Ich weiss es nicht.» Neiman erklärt im Hinblick auf seine Forschung zu Handelsdefiziten und Zöllen: «Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die berechneten Zölle dramatisch niedriger sein sollten.» Er stellt aber klar: Berechnete Handelsdefizite sollten nicht die Grundlage für gegenseitige Zölle darstellen.
Laut dem Ökonomen gibt es zwar einige Argumente für eine Verringerung des gesamten Handelsdefizits, also wenn der Wert der Importe den Wert der Ausfuhren übersteigt. Jedoch könne man das nicht länderbasiert machen.
Trump hatte am Mittwoch Zölle in der Höhe von 10 Prozent für praktisch alle Handelspartner verhängt. Bei einigen Ländern, darunter die Schweiz, kommen noch zusätzliche Zölle von bis zu 50 Prozent dazu, da ihre Handelspolitik aus Sicht der USA besonders feindlich ist.
«Sie müssen ihre Resultate durch vier teilen»
Weiter kritisierte der Ökonom, dass Trump überhaupt länderspezifische Handelsdefizite mit Zöllen ausgleichen will. «Das ist kein verantwortungsvoller Weg. Das kann nicht das Ziel sein.» Schliesslich seien Schwankungen und Unterschiede zwischen Handelspartnern unvermeidbar. «Amerikaner geben mehr für in Sri Lanka hergestellte Kleidung aus, und die Leute aus Sri Lanka bezahlen für amerikanische Medikamente. Na, und?», schreibt Neiman.
«Nicht jedes Land verfügt über ähnliche natürliche Ressourcen oder Entwicklungsniveaus.» Die Zahlen würden nicht auf unfairen Wettbewerb hindeuten. Neiman ist der Meinung, dass Trump seine Zollpolitik vollständig verwerfen soll. Sollte dies nicht möglich sein, empfiehlt er: «Die Regierung sollte ihre Ergebnisse durch vier teilen.»
Neiman gab an, nicht direkt mit der Trump-Administration in Kontakt zu stehen. Das Trump-Team habe jedoch Kenntnis von dem angeblichen mathematischen Fehler.