Sie halten die Stellung, kämpfen für ihr Land und gegen Putins Soldaten. Die Ukrainer leisten Widerstand – und wie. Der geplante Blitzkrieg des russischen Präsidenten ist gescheitert. Nun versuchen seine Truppen, das Land Stück für Stück einzunehmen. Um die Gegenwehr endlich zu brechen, setzt Putin nicht auf mehr Soldaten, die an die Front sollen, sondern auf Elite-Einheiten. Diese setzen sich aus drei Einheiten zusammen. Ein Überblick.
1. Die Sonderpolizei Omon
Die Schlägertruppe wird immer dann gerufen, wenn es Widerstand im eigenen Land oder bei Freunden Putins gibt. Die Sonderpolizei kam beispielsweise auch in Belarus zum Einsatz, um Demonstranten, die gegen Machthaber Alexander Lukaschenko (67) auf die Strasse gingen, niederzuknüppeln. Wer das Regime öffentlich kritisiert, kriegt, es mit Omon zu tun.
Es gibt zahlreiche Bilder, die zeigen, wie die Einheit in blau-weiss-grau gemusterten Kampfanzügen, mit dicken Schutzpanzern, Helmen und Schlagstöcken in der Hand, auf Protestler losgehen. Sie sind Experten, wenn es um Unterdrückung der Bevölkerung geht. Daher werden sie laut Fachleuten wohl auch nicht an der Front eingesetzt werden, sondern überall dort, wo die Russen bereits den ukrainischen Widerstand besiegt haben. Ihr primäres Ziel: Stellung halten.
Der Name Omon ist eine Abkürzung für die russische Bezeichnung «Otrjad Mobilny Ossobowo Nasnatschenija». Das bedeutet in etwa so viel wie «Mobile Einheit besonderer Bestimmung». Gegründet wurde die Truppe 1988 ursprünglich als Antiterror-Einheit. Nach Auflösung der Sowjetunion wurden die Einheiten den jeweiligen Sicherheitsbehörden der Nachfolgestaaten unterstellt.
Um Mitglied zu werden, muss man mindestens zwei Jahre im Militär gedient haben. Das Höchstalter für eine Bewerbung ist 30, mit rund 45 Jahren endet der Prügeldienst meist. Derzeit wird geschätzt, dass allein in Russland über 20'000 Omon-Beamte im ganzen Land verteilt sind – offizielle Zahlen gibt es keine.
2. Die Wagner-Truppe
Sie gilt als Schattenarmee von Putin. Denn offiziell gibt es die auf 6000 Mann stark geschätzte Gruppe gar nicht. Söldnertum ist in Russland nämlich verboten. Und doch arbeiten sie eng mit dem russischen Präsidenten zusammen. Gegründet wurde die Truppe vor acht Jahren von Dmitri Utkin (51), einem ehemaligen Oberstleutnant der Spezialkräfte des russischen Militärgeheimdienstes und Veteran beider Tschetschenienkriege. Den Truppennamen übernahm er von Hitlers Lieblingskomponisten Richard Wagner (1813–1883).
Finanziert wird die Gruppe Wagner offenbar vom russischen Unternehmer und Putin-Freund Jewgeni Prigoschin (60), der als Caterer die russische Armee versorgt und daher «Putins Koch» genannt wird. Ein Soldat verdient monatlich bis zu 3000 Dollar – für russische Verhältnisse viel Geld.
Die Truppe ist gefährlich und bestens ausgerüstet. «Verglichen mit westlichen privaten Sicherheitsfirmen, die mit Schutz- und Bewachungsaufgaben mehrheitlich defensiv agieren, führen sie auch offensive Aktionen durch und setzen dabei teilweise schwere Mittel ein wie etwa T-72- und T-90-Kampfpanzer, BM-21-Grad-Raketenwerfer, 122-mm-Artillerie sowie Panzerabwehrlenkwaffen», sagte Michel Wyss (34), Experte für Stellvertreterkriegsführung unter nichtstaatlichen Akteuren an der Militärakademie der ETH Zürich, Anfang Februar bereits zu Blick. Kein Material, das ein normaler Sicherheitsdienst in seiner Waffenkammer hat. Wohl aber das Verteidigungsministerium in Moskau.
Seit Dezember 2021 steht die Wagner Gruppe wegen «schweren Menschenrechtsverstössen» auf der Sanktionsliste der EU. Vermögen wurde eingefroren und ein Geschäftsverbot erlassen, zudem wurden Einreiseverbote für gewisse Personen verhängt. «Die Gruppe wird für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen wie etwa Folter und extralegale Tötungen verantwortlich gemacht, darunter etwa die Tötung eines syrischen Deserteurs mithilfe eines Vorschlaghammers mit anschliessender Enthauptung», so der Experte weiter.
Vor dem Ukraine-Krieg wurden die Wagner-Kämpfer in verschiedenen Krisengebieten eingesetzt, überall dort, wo es regulären Armeen zu heikel ist. Etwa in Afrika. Sie operieren insbesondere in Syrien, daneben in Libyen, Sudan, Mali, Madagaskar, Burkina Faso, der Zentralafrikanischen Republik und Mosambik, erklärte Wyss. Auch in Venezuela sollen sie für das Maduro-Regime im Einsatz gewesen sein. Und nun eben in der Ukraine. Putins Schattenarmee soll den Krieg für die Russen entscheiden und den Widerstand brechen.
3. Kämpfer aus dem Ausland
Anstelle von weiteren russischen Soldaten setzt Putin bei der dringend benötigten Verstärkung auf syrische Söldner. Die Kämpfer haben Erfahrung im Häuserkampf und sollen den Russen dabei helfen, die Hauptstadt Kiew endlich einzunehmen. Daneben kommen Elitesoldaten aus Tschetschenien zum Einsatz. Putin-Freund, der tschetschenische Diktator Ramsan Kadyrow (45), trommelte rund 10'000 uniformierte Kämpfer für die Ukraine zusammen. Sie werden ebenfalls für den Sturm auf Kiew eingesetzt. Sie sollen die entscheidende Wende im Krieg bringen, wie «Bild» berichtet.
In Videos geben sie sich siegesgewiss und furchtlos. Sie wollen die Ukraine von den Nazis befreien. Damit greifen sie Putins Vorwand für den Krieg auf. Der Präsident behauptet, die Ukraine «entnazifizieren» zu wollen. Der Kreml-Chef beschimpft die pro-europäische Regierung rund um den jüdischstämmigen ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (44) als «ukrainische Neonazis» und sieht es als seine Aufgabe, die Rechtsextremen loszuwerden.
Der Grund für den Einsatz von Söldnern aus Syrien und Tschetschenien liegt für ETH-Sicherheitsexpert Benno Zogg (32) auf der Hand. «Diese Kämpfer sind viel erfahrener als die jungen Wehrpflichtigen im eigenen Land.» (jmh)