Zettelt die Gruppe Wagner den Ukraine-Krieg an?
Putin holt Folter-Armee aus Afrika

Die Gruppe Wagner hat in der Ukraine schon seit acht Jahren ihre Finger im Spiel. Nun soll die berüchtigte russische Privatarmee erneut an den Grenzen des Landes aufgetaucht sein. Befürchtet wird, dass sie vorausgeschickt wird, um die Invasion vorzubereiten.
Publiziert: 03.02.2022 um 19:51 Uhr
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Aktualisiert: 04.02.2022 um 07:29 Uhr
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Hat die Gruppe Wagner gegründet: Dmitri Utkin.
Guido Felder

An der Grenze zur Ukraine zieht Russland nicht nur rund 110'000 Soldaten der offiziellen Armee zusammen. Auch die berüchtigte Gruppe Wagner soll sich in Stellung bringen.

Michel Wyss (34), Experte für Stellvertreterkriegsführung unter nichtstaatlichen Akteuren an der Militärakademie der ETH Zürich, sagt gegenüber Blick: «Es gibt Hinweise darauf, dass Dutzende Angehörige der Gruppe Wagner die Zentralafrikanische Republik in Richtung Russland verlassen haben, höchstwahrscheinlich, um sich auf einen allfälligen Kampfeinsatz in der Ukraine vorzubereiten.»

Die vor rund acht Jahren entstandene Wagner-Truppe gilt als Schattenarmee des russischen Präsidenten Wladimir Putin (69). Offiziell gibt es die auf 6000 Mann stark geschätzte Gruppe gar nicht. Söldnertum ist in Russland nämlich verboten.

Dennoch ist ihre Existenz nachweisbar – ebenso ihr brutales Vorgehen. Wyss zu Blick: «Die Gruppe Wagner war bereits an der Übernahme der Krim 2014 sowie an den Kämpfen in der Donbass-Region beteiligt, wo sie mit den russischen Streitkräften sowie mit den pro-russischen Separatisten kooperierte.»

Im Herbst 2015 waren die Söldner von der Ukraine nach Syrien verlegt worden, wo sie beim Sturm auf Palmyra 2016 an vorderster Front im Einsatz waren. Dabei hat sie Aufgaben der regulären Armee übernommen und die Terror-Miliz Islamischer Staat IS aus Städten vertrieben. Wenn sie siegreich ist, lässt sie sich an Öl- und Gas-Einrichtungen sowie Minen beteiligen. Das spült Geld in die Kasse.

Schwer bewaffnet

Die Truppe, die sich aus ehemaligen Soldaten, Kriminellen, Extremisten und Verschuldeten zusammensetzt, ist bestens ausgerüstet. Wyss erklärt: «Verglichen mit westlichen privaten Sicherheitsfirmen, die mit Schutz- und Bewachungsaufgaben mehrheitlich defensiv agieren, führen sie auch offensive Aktionen durch und setzen dabei teilweise schwere Mittel ein wie etwa T-72- und T-90-Kampfpanzer, BM-21-Grad-Raketenwerfer, 122-mm-Artillerie sowie Panzerabwehrlenkwaffen.»

Es ist Material, das kein normaler Sicherheitsdienst in seiner Waffenkammer hat. Wohl aber das Verteidigungsministerium in Moskau.

Seit Dezember 2021 steht die Wagner Gruppe wegen «schwerer Menschenrechtsverstössen» auf der Sanktionsliste der EU. Vermögen wurde eingefroren und ein Geschäftsverbot erlassen, zudem wurden Einreiseverbote für gewisse Personen verhängt. «Die Gruppe wird für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen wie etwa Folter und extralegale Tötungen verantwortlich gemacht, darunter etwa die Tötung eines syrischen Deserteurs mithilfe eines Vorschlaghammers mit anschliessender Enthauptung», so der Experte weiter.

Vor allem in Afrika im Einsatz

Heute sind Wagner-Kämpfer in verschiedenen Krisengebieten im Einsatz, wo es regulären Armeen zu heikel ist. Etwa in Afrika. Sie operieren nebst in der Ostukraine insbesondere in Syrien, daneben in Libyen, Sudan, Mali, Madagaskar, Burkina Faso, der Zentralafrikanischen Republik und Mosambik, erklärt Wyss. Auch in Venezuela sollen sie für das Maduro-Regime im Einsatz gewesen sein.

Gegründet wurde die Truppe von Dmitri Utkin (51), einem ehemaligen Oberstleutnant der Spezialkräfte des russischen Militärgeheimdienstes und Veteran beider Tschetschenienkriege. Den Truppennamen übernahm er von Hitlers Lieblingskomponisten Richard Wagner. 2016 zeichnete Putin Utkin für seinen Einsatz in der Ukraine mit einem Orden aus.

Finanziert wird die Gruppe Wagner offenbar vom russischen Unternehmer und Putin-Freund Jewgeni Prigoschin (60), der als Caterer die russische Armee versorgt und daher «Putins Koch» genannt wird. Ein Soldat verdient monatlich bis zu 3000 Dollar – für russische Verhältnisse viel Geld.

Vorbereitung von Sabotagen

In der Ukraine und im Westen herrscht Angst vor dieser Truppe. Es wird befürchtet, dass Putin mit ihr einen Krieg anzetteln könnte, ohne sich selber die Finger zu verbrennen. Vor drei Wochen warnte US-Regierungssprecherin Jen Psaki (43): «Unsere Geheimdienste verfügen über Informationen, wonach Russlands Führung Agenten in die Ukraine eingeschleust hat, um Operationen unter falscher Flagge durchzuführen.»

Vermutet wird, dass die auf urbane Kriegsführung und Sprengstoff trainierten Saboteure Anschläge auf die russischsprachige Bevölkerung in der Ostukraine ausüben könnten. Es wäre der bewusst herbeigeführte Vorwand für Putin, mit der Invasion zu beginnen.

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