Trump will ihn zur «Nahost-Riviera» machen
Wie realistisch ist Trumps Gaza-Plan?

Nach Grönland und Kanada möchte Donald Trump auch den Gazastreifen besetzen und ihn vom Trümmerhaufen in eine Nahost-Riviera verwandeln. Eine Furzidee oder ein Plan mit Zukunft? Was wäre die Alternative? Wir beantworten die Fragen zu Trumps neustem Streich.
Publiziert: 15:26 Uhr
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Aktualisiert: 17:28 Uhr
Massenwanderung im Gazastreifen: Bei Nuseirat machen sich die Vertriebenen auf den Rückweg auf.
Foto: Anadolu via Getty Images

Auf einen Blick

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Guido FelderAusland-Redaktor

Verbringen wir schon bald unsere Badeferien im Gazastreifen? Wenn es nach Donald Trump (78) geht, schon. Denn der US-Präsident hat dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu (75) versprochen, das Gebiet zu übernehmen und aus dem Trümmerhaufen eine Riviera zu gestalten.

Meint es Trump wirklich ernst? Oder welche Absichten hat er mit der Idee? Wir erklären es Ihnen.

Wie realistisch ist Trumps Idee?

Experten sind skeptisch. Nahost-Experte Reinhard Schulze (72): «Die Idee hätte eine minimale Realisierungschance, wenn es eine Win-win-Situation gäbe.» Profitieren würden aber vor allem die USA und Israel, während die Palästinenser als Vertriebene die Leidtragenden wären. 

Zudem müsste Trump zu Hause Hürden überwinden. Philipp Adorf (40), USA-Experte an der Universität Bonn: «Er braucht dazu die Unterstützung des Kongresses.» Die Demokraten würden das Projekt wohl geschlossen ablehnen, während auch einige Republikaner ein Ziel, das ethnische Säuberungen impliziere, nicht mittragen würden. 

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Donald Trump empfing nach zwei Wochen Amtszeit den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu.
Foto: Anadolu via Getty Images

Wie ernst meint es Trump überhaupt?

Es scheint ihm ziemlich ernst zu sein. Philipp Adorf: «Hätte er diese Forderung während des Wahlkampfs erhoben, wäre sie vermutlich als blosses Wahlkampfgetöse abgetan worden. Doch die ersten beiden Wochen seiner Präsidentschaft zeigen, dass Trump seine Ankündigungen ernst meint und sie in der Regel auch umsetzen will.»

Adorf schliesst aber auch nicht aus, dass er mit dem überraschenden Vorstoss von den negativen Schlagzeilen rund um die geplante Schliessung der Behörde für Entwicklungszusammenarbeit (USAID) ablenken will.

Schulze hat eine weitere Vermutung: «Er könnte damit provozieren, um Bewegung in die festgefahrene Lage in Nahost zu bringen.»

Wer würde davon profitieren?

Wenn Trump politisiert, geht es um Deals. Daher sieht er in einem beruhigten Gazastreifen nicht nur eine grössere Sicherheit für seine Freunde in Israel, sondern auch lukrative Geschäfte. Zu den Interessenten gehört wohl Trumps Schwiegersohn Jared Kushner (44), von Beruf Immobilienentwickler und Finanzinvestor. Vor einem Jahr sagte er in einem Interview: «Ufergrundstücke in Gaza könnten sehr wertvoll sein.» 

Auch für Elon Musk (53) könnte es etwas abwerfen. «Vielleicht gibt ihm Trump die Gelegenheit, einen Staatsapparat nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten», meint Adorf. Reinhard Schulze schliesst nicht aus, dass auch türkische und russische Firmen Interesse zeigen würden und die Vereinigten Arabischen Emirate am Mittelmeer ein kleines Dubai schaffen möchten. 

Wem gehört der Gazastreifen eigentlich?

Gemäss den Oslo-Abkommen, die den Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensischen Autonomiebehörden (PA) regeln, wird er offiziell durch die PA verwaltet. Seit 2007 hat aber die militante Hamas die Kontrolle übernommen. 

Was wäre sonst die Alternative für den Gazastreifen?

Im Zuge von Trumps Gaza-Idee bringen Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Ägypten und Jordanien die Zweistaatenlösung wieder auf den Tisch. Schulze: «Betrachtet man die palästinensische und israelische Bevölkerung, gibt es eigentlich keine Alternative.» Sowohl in Israel als auch in den palästinensischen Gebieten würden rund 60 Prozent der Bevölkerung diese Lösung befürworten. 

Für diesen Weg bräuchte es eine Roadmap mit dem Ziel, dem palästinensischen Volk die Möglichkeit zur politischen Souveränität zu geben. Schulze: «Es wäre dann auch Aufgabe der palästinensischen Politik, die Zukunft gut nachbarschaftlicher Beziehungen zu Israel zu entwickeln.»

Wer baut den zerstörten Gazastreifen wieder auf?

In ihrer Erklärung haben die fünf Staaten ihre Bereitschaft bekundet, den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbau gemeinsam mit der PA zu tragen. Analog dem Dayton-Abkommen für Bosnien-Herzegowina könnte dies laut Schulze zu einer Autonomie für Gaza führen. Je nachdem, wie auch die Weltgemeinschaft miteinbezogen würde, könnte damit sogar ein Teil von Trumps Riviera-Plänen verwirklicht werden. 

Alternativen zu diesem Vorgehen sind: 

  • Eine permanente israelische Militärverwaltung, die früher oder später zu einer Annexion führen würde.

  • Eine Aufrechterhaltung des Status quo, einschliesslich der Kontrolle durch die Hamas.

  • Eine begrenzte, gemischte israelisch-palästinensische Kontrolle.

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