Trump will Frieden im Alleingang
Warum Europa versagt hat, um die Ukraine zu retten

Europa scheint sich momentan auf dem Abstellgleis zu befinden. Trump will direkt mit Russland über das Ende des Ukraine-Kriegs verhandeln. Die EU soll dabei keine grössere Rolle einnehmen. Hat Europa versagt? Blick hat bei einem Geopolitik-Experten nachgefragt.
Publiziert: 19.02.2025 um 21:00 Uhr
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Aktualisiert: 20.02.2025 um 15:55 Uhr
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Donald Trump möchte in der Ukraine Frieden schaffen – aber zu welchen Bedingungen?
Foto: IMAGO/Newscom / AdMedia

Auf einen Blick

  • USA und Russland verhandeln über Ukraine-Frieden ohne europäische Beteiligung
  • Europa hinkt in der dynamischen internationalen Ordnung hinterher
  • Experte sieht China als lachenden Dritten im Konflikt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Janine EnderliRedaktorin News

Noch vor Ende des Monats soll es zu einem persönlichen Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump (78) und Kreml-Chef Wladimir Putin (72) kommen. Während ein Meeting der beiden Staatsoberhäupter vorbereitet wird, laufen die diplomatischen Leitungen zwischen den USA und Russland schon heiss. In Riad (Saudi-Arabien) kam es zu ersten Gesprächen. Europa sass nicht am Tisch. Für Kiew dürften die anstehenden Verhandlungen schmerzhaft werden. So ist bereits von territorialen Zugeständnissen die Rede. Sollte es tatsächlich zu einem Frieden kommen, dürfte er putinfreundlich werden.

Wie konnte es so weit kommen? Trägt Europa selbst Schuld an der momentanen Situation? «Europa hat tatsächlich mit einigen Versäumnissen zu kämpfen», sagt Remo Reginold (39), Direktor des Swiss Institutes for Global Affairs (Siga) zu Blick. Zum einen haben sich die Europäischen Staaten über Jahrzehnte auf den grossen Bruder USA verlassen. «Wir lebten vielleicht zu lange in einer Komfortzone.»

Europa hinkt hinterher

Der Hauptgrund für die Aussenseiter-Rolle liegt aber woanders. «Der Westen wurde von einem neuen Verständnis von internationaler Ordnung eingeholt», erklärt Reginold. «Allianzen, auf die man sich verlassen hat, funktionieren nicht mehr.» Dieses Phänomen begann aber nicht erst mit Trump. Schon seit längerem verfolgen grosse Akteure wie die Brics-Staaten eine «Frenemy»-Strategie.

Konkret: «In manchen Bereichen arbeitet man zusammen, in anderen nicht. Es ist ein viel dynamischeres Bild», so der Experte. Diese Verschiebung mache auch die Zusammenarbeit mit Staaten wie Saudi-Arabien möglich. Das klassische Bild einer von gemeinsamen Werten geprägten internationalen Politikordnung sei hingegen Geschichte. «Europa hat sich nicht davon gelöst und kann bei diesem Tempo deshalb gar nicht mithalten. Darum ja: Eine gewisse Mitschuld besteht.»

Hinzu komme die Fragmentierung der Staaten. Reginold zu Blick: «Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs haben wir in Europa sogenannte ‹Hinterländer› und ‹Frontländer›.» Das Verständnis von Bedrohung in den beiden Kategorien unterscheide sich fundamental. «Die Länder im Osten Europas spüren die reale Gefahr des Krieges. Für Länder wie Deutschland, Frankreich und die Schweiz ist diese noch weit weg. Warum müssen wir also etwas ändern? Es geht uns immer noch genug gut.» Dies führe zu einem uneinheitlichen Auftritt, der den Kontinent schwächt.

«Für China ist das Ganze genial»

Der Geopolitik-Experte war selbst an der Münchner Sicherheitskonferenz zugegen, bei der viel über die Ukraine diskutiert wurde. Sein Fazit: Beim Thema Ukraine gibt es trotz der derzeitigen Stossrichtungen noch keine konkreten Vorstellungen, wie ein Frieden im Detail aussieht. «Das ist sehr schwer zu durchschauen. Die momentanen Punkte sind für mich klassische Drohkulissen.» Es sei nicht klar, ob sie in der Praxis umgesetzt werden.

Was aber klar ist: Es wird einen lachenden Dritten geben. «Für China ist das Ganze genial. Sie bekommen eigentlich alles, was sie wollen, ohne etwas zu tun.» Alle Forderungen, die derzeit auf dem Tisch liegen, wollten die Chinesen auch erreichen. «China will Frieden in der Ukraine, will gleichzeitig mit Russland Handel treiben können und Technologien vorantreiben», erklärt Reginold.

Gibt es denn noch Hoffnung für Europa, wieder zu einem ernsthaften Player auf der Weltbühne zu werden? «Ich glaube, die einzelnen europäischen Länder haben viele Stärken. Diese Vielfalt könnte für Europa einen entscheidenden Vorteil bedeuten. Man muss sie nur clever einsetzen – als Teil einer gemeinsamen Strategie.» Das Ausspielen dieser Stärken in den Bereichen Wirtschaft, Technologie, Bildung könnte einen positiven Weg für Europa bedeuten.

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