Im vergangenen Monat errang Violetta Prigoschina (83) vor einem EU-Gericht einen überraschenden Sieg. Ihre Anwälte überzeugten die Richter der ersten Kammer des EU-Gerichtshofs in Luxemburg davon, dass sie keine wirtschaftlichen Verbindungen zu ihrem Sohn Jewgeni (61) oder seinem Hauptunternehmen Concord habe. Die zuvor gegen sie verhängten Sanktionen wurden aufgehoben und der EU-Rat zur Zahlung der Prozesskosten verurteilt.
Der Gerichtsentscheid wirft ein Licht auf die komplexen rechtlichen Vorgänge, die nötig sind, um dem Kreml nahestehende Personen und ihre Familien mit Sanktionen zu belegen. Die Prigoschins haben sich diesbezüglich als ein besonders zäher Fall erwiesen.
Nun hat der zwielichtige Geschäftsmann offenbar einen neuen Weg gefunden, um die EU-Sanktionen zu umgehen. Das berichtet die «Financial Times». Prigoschins jüngste Tochter Veronika (18) ist das einzige Mitglied der Familie, das noch nicht unter westliche Sanktionen gestellt wurde. Diese Tatsache machen sich die Protz-Prigoschins offenbar zunutze, um weiter im Luxus schwelgen zu können. Die Familie setzt zudem auf Strohleute.
Veronika und ihre Schwester Polina (30) reiten für ihr Leben gern. Die Beiden nahmen ab 2014 an unzähligen Reitwettbewerben teil. Dabei fiel eine Sache besonders auf: Keines der Pferde, mit denen die Schwestern antraten, war unter dem Namen Prigoschin beim Pferdesportverband registriert. Just als 2019 Sanktionen gegen Jewgeni Prigoschins Eigentum verhängt wurden, wechselten die Pferde ihre Besitzer. So konnte Polina, trotz Sanktionen, insgesamt 60 Mal bei internationalen Reitveranstaltungen mit ihrem Lieblingspferd «Cazapiloko» an den Start gehen.
Prigoschin verspottet EU
Russische Unternehmensunterlagen zeigen zudem, dass Veronika Ende 2022 Eigentümerin einer Firma wurde, die ein Hotel in St. Petersburg verwaltet. Dass Unternehmensanteile oder ganze Unternehmen innerhalb der Familie Prigoschin hin und her geschoben werden, ist nicht unüblich. So existiert Wagner nicht als einzelne eingetragene Einheit, sondern als weitläufiges Netzwerk miteinander interagierender Firmen mit unterschiedlicher Nähe zu Prigoschins Hauptfirma, der Concord-Gruppe. Das stellt den Westen immer wieder vor Herausforderungen.
Im Fall seiner Mutter zeigen durchgesickerte E-Mails, dass Violettas Ehemann ein leitender Angestellter in einem Unternehmen der Concord-Gruppe war. Samuil Scharkoj war früher General Manager von Concord Catering, der Firma, die auch für den russischen Präsidenten Wladimir Putin (70) kochte. Interne Dokumente aus dem Jahr 2021, die von der «Financial Times» eingesehen wurden, führen Scharkoj auch als leitenden Angestellten bei Concord Management und Consulting auf. Er starb im vergangenen Jahr. Violetta Prigoschina selbst hielt von 2008 bis 2017 Anteile an Concord Management und Consulting.
Trotzdem kamen die Richter zu dem Schluss, dass die Verbindung zwischen Violetta und ihrem Sohn rein familiär ist. Der Söldnerführer spottete danach auf dem Concord-Telegram-Kanal: «Ich spucke und ich werde auf alle Sanktionen spucken».