Schon lange gibt es Berichte darüber, dass die russischen Soldaten nicht in den Ukraine-Krieg ziehen wollen. Einige Russen schiessen sich sogar ins Bein, um nicht an die Front zu müssen.
Doch nicht nur bei den jungen Wehrpflichtigen ist die Moral schlecht, wie jetzt ein heimlich mitgeschnittenes Telefonat zwischen den zwei russischen Offizierem Maxim Wlassow (42) und Witali Kovtun (47) beweist. Darin wettern sie über Präsident Wladimir Putin (69), den Ukraine-Krieg und die Zustände an der Front. Ihre Meinung über den Kreml-Chef ist eindeutig. Putin wird in dem Gespräch als «Arschloch» bezeichnet, wie das Recherchenetzwerk Bellingcat berichtet.
Die bisherige Kriegsführung Russlands kritisieren die beiden Offiziere hart. «Eine verdammte Rakete sollte in [das ukrainische Parlament] in Kiew fliegen. Warum ist es verdammt noch mal nicht passiert? Ich versteh's nicht, du bist am Arsch, Putin - Arschloch!», soll Kovtun gesagt haben.
«Es gibt schreckliche Verluste bei unseren Jungs»
Der ukrainische Geheimdienst soll das Gespräch am 14. April heimlich abgehört und aufgezeichnet haben. Veröffentlicht wurde es allerdings von Radio Free Europe. Beim Sender handelt es sich um ein Projekt, das von der US-Regierung finanziert wird.
«Es gibt schreckliche Verluste bei unseren Jungs, verdammt», soll Wlassow weiter schimpfen. «Und wissen Sie, ich kenne mich ein wenig mit Militärgeschichte aus, und ich vergleiche dies mit dem verdammten sowjetisch-finnischen Krieg von 1939 bis 1940. Das ist ein und dasselbe, verdammt.»
Im sogenannten Winterkrieg zwischen der Sowjetunion und Finnland sind Schätzungen zufolge mehr als 125'000 Sowjets gestorben. Die Rote Armee marschierte damals wegen Gebietsforderungen ins skandinavische Land ein, das sich jedoch tapfer und gekonnt verteidigte.
Entnazifizierung der Ukraine ist absurd
Auf den Vergleich von Wlassow soll Oberst Kovtun geantwortet haben: «Schoigu ist ein Scheiss Arschloch». Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu (67) wird im Gespräch angeblich auch als «inkompetenter, verdammter Laie» bezeichnet.
Das Offiziersduo kritisiert Putin auch dafür, «eine ganze Reihe von Stiefelleckern» für die Kriegsführung zusammengestellt zu haben. Zudem sei die Behauptung Moskaus, die Ukraine entnazifizieren zu wollen, völlig absurd.
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Auch über die Ausbeutung der russischen Soldaten schimpft Oberst Wlassow. Die Soldaten würden pro Monat 30'000 Rubel, umgerechnet 490 Franken, bekommen. Warum sollten sich auch junge Männer dafür ihr Leben riskieren? Für die beiden Offiziere ist daher klar, dass der Nachschub an neuen Soldaten ausbleibt.
Das aufgezeichnete Telefongespräch kann zwar nicht unabhängig verifiziert werden. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass selbst russische Offiziere unzufrieden mit der Kriegsführung in der Ukraine sind. Erst vor Kurzem packte ein junger Offizier über die schrecklichen Zustände bei den Kreml-Truppen aus. (obf)