Rund 200’000 Söldner kämpfen für die Ukraine gegen Russland. Einer davon ist Ben Grant (30), Sohn der britischen Parlamentsabgeordneten und Ex-Sportministerin Helen Grant (60).
Er sei in den Krieg gezogen, nachdem er die Aufnahme eines Bombenangriffs auf ein Haus gesehen habe, in dem ein Kind geschrien habe. «Ich bin Vater von drei Kindern, und wenn das meine Kinder wären, wüsste ich, was ich tun würde: Ich würde gehen und kämpfen», sagt er zur britischen Zeitung «Guardian».
Es ist nicht sein erster Einsatz im Krieg. Grant war bereits in Afghanistan stationiert und wusste, worauf er sich einlässt, als er in die Ukraine reiste. Seit März kämpft der Brite nun an der Front gegen die Truppen von Kreml-Chef Wladimir Putin (69). Jetzt sind erstmals Videos aufgetaucht, die zeigen, wie der Politikerinnen-Sohn gegen die Russen kämpft.
Grant gab Schiess-Befehl
Eine viral gegangene Aufnahme von letzter Woche zeigt mehrere Soldaten, die schwer bewaffnet geduckt durch einen Wald laufen, um anschliessend auf einer Strasse einen Raketenwerfer zu nehmen, diesen abzufeuern und dann, begleitet von unzähligen Schüssen, wieder in den Wald zu flüchten.
Laut dem Video wurde dabei ein russischer Panzer getroffen. Er ist auf Drohnen-Aufnahmen später im Clip zu sehen. Nur: Das kann nicht verifiziert werden. Wie die Zeitung «Independent» berichtet, ist in den Aufnahmen zudem Ben Grant zu hören, wie er Befehle gibt. «Schiess jetzt!», sagt die Person, die als Grant identifiziert wurde, und «Vorsicht, der Rückstoss».
Kurz darauf ist ein zweites Video mit Ben Grant erschienen. Dieses soll laut «The Daily Telegraph» einige Tage vor dem Panzerabschuss entstanden sein und zeigt ihn, wie er unter starkem feindlichem Beschuss einen verletzten Kameraden vom Schlachtfeld trägt.
Mine zerfetzte Bein des Kollegen
Im «Telegraph» erzählt er von dem Einsatz. Seine Einheit habe aus 15 Personen bestanden; britische und amerikanische Freiwillige sowie zwei ukrainische Übersetzer. Im Raum Charkiw seien sie in einen Hinterhalt geraten. Grant vermutet, dass feindliche Drohnen seine Truppe aufgespürt hatten. Sein Kollege sei von einer Mine getroffen worden, die «sein halbes Bein zerfetzte».
«Mein Gott, das war unwirklich», sagte Grant dazu und fügte an: «Es war so beängstigend, jemanden zu tragen, wenn ich meine Waffe nicht ziehen kann, während über mir Kampfhubschrauber fliegen und Panzer durch den Wald feuern.»
«Du musst versuchen zu laufen, sonst sterben wir, Kumpel»
Zwischenzeitlich ist auf dem Video zu sehen, wie der Verwundete auf den Boden gelegt und sein Bein von den anderen Soldaten behandelt wird. Mehrere Schüsse sind zu hören. Grant sagt zum Verletzten: «Bist du okay, Bruder? Ja, alles in Ordnung. Deano... gut gemacht, gut gemacht... wir müssen los, komm schon, ich kann dich nicht allein lassen. Nimm seinen Helm - hilf mir doch jemand! Helm! Helm! Du musst versuchen zu laufen, sonst sterben wir, Kumpel.»
Die Motivationsrede hat offensichtlich geholfen. Sie hätten den Verwundeten anschliessend «fünf Kilometer weit durch dichten Wald und schreckliches Gelände gezogen und ihn dann mit einem Rettungshubschrauber da rausgeholt», erzählt Grant.
«Am Ende des Tages war ich ein echter Glückspilz
Unterdessen wurde der Verletzte in einem Spital in Kiew operiert, berichtet die Zeitung. Den Ärzten sei es gelungen, sein Bein zu retten. Er gibt bereits wieder Interviews. Dem «Telegraph» sagte der Verletzte: «Solche Dinge, diese Art von Kameradschaft, entstehen nur in solchen Situationen. Am Ende des Tages war ich ein echter Glückspilz. So viele Jungs sind an diesem Tag nicht zurückgekommen.»
Weitere Söldner-Geschichten
Weiter sagte er, seine Wunden würden «gut heilen» und er sei «traurig», dass er nicht mehr bei seiner Einheit sei: «Sie sind meine Familie. Ich habe eine Mission. Ich werde mich selbst wieder gesund machen. Ich werde zurückkommen und ihnen helfen, wo ich nur kann.»
Russen suchen nach Grant
Die Moskauer Justiz hat bereits auf die Medienberichte von Grants Taten reagiert. Man untersuche «die Rolle eines Verwandten der britischen Parlamentarierin Helen Grant», zitiert das deutsche Portal n-tv einen Telegram-Beitrag der Russen. Nach Angaben der Behörden habe der Beschuldigte den Angriff einer Gruppe von westlichen Söldnern auf russische Militärtechnik in der Ukraine» geleitet.
Söldnertum kann in Russland mit bis zu sieben Jahren Gefängnis geahndet werden. Wo Grant sich derzeit befindet, ist nicht bekannt. Seine Mutter wusste anscheinend nicht, dass er in den Krieg zieht. (vof)