Am TV moderierte er Unterhaltungssendungen und kandidierte 2020 für das Amt des Bürgermeisters von Kiew: Serhiy Prytulas (41) Karriere ähnelt jener des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (44), der vor seinem Wechsel in die Politik ebenfalls TV-Komiker war.
Wie Selenski gilt in der Ukraine auch Prytula als grosse Figur im Krieg gegen die Russen. Denn Prytula hat sich zur Aufgabe gemacht, mit einer Stiftung Geld zu sammeln, um damit die ukrainische Armee auszurüsten. Seit Kriegsbeginn sind rund 2,2 Milliarden ukrainische Griwna zusammengekommen, was rund 60 Millionen Franken entspricht.
Der Löwenanteil wurde für kleine Aufklärungsdrohnen ausgegeben. «Davon haben wir rund 2400 Stück gekauft», sagt Prytula zu Blick. Gesammelt wurde auch für drei Bayraktar-Kampfdrohnen, die mit Munition ausgestattet werden können. Prytula: «Diese Drohnen hat uns die türkische Herstellerfirma schliesslich aber geschenkt.» Weitere Anschaffungen waren fast 600 Fahrzeuge, optische Geräte und medizinisches Material.
Ein eigener Satellit
Die grösste Einzelinvestition war der Kauf eines Satelliten für 17 Millionen Franken. Mit dem Kauf hat sich die Ukraine auch Zugang zu Daten von anderen Satelliten verschafft, die gerade das Land überfliegen.
«Bisher mussten wir auf Daten von westlichen Satelliten zurückgreifen, die jeweils erst nach ein bis drei Tagen bei uns ankamen. Nun kommen wir rund um die Uhr und ohne grosse Verzögerung zu Informationen, die wir sofort an die Artilleriebrigaden an der Front weiterleiten können», erklärt Prytula.
Auf der Liste stehen auch Reparaturen von Panzern und anderen Waffen, welche die Russen einfach stehen und liegen lassen. «Unser Ziel besteht nicht darin, noch etwas Wertvolleres als einen Satelliten zu kaufen», sagt Prytula. Und er scherzt: «Wenn wir wüssten, wo der Todesstern aus ‹Star Wars› parkiert ist, wären die Ukrainer sofort bereit, dafür zu spenden.»
Mädchen verkaufte seine Haare
Es sind nicht nur reiche Ukrainer, die der Prytula-Stiftung Geld überweisen. Es sind viele arme Leute, die einen Teil ihres Einkommens oder Ersparten einzahlen. Jeden Monat bringe eine alte Frau ein Viertel ihrer Rente von rund 130 Franken vorbei, erzählt Prytula.
Ebenfalls ins Zeug legten sich die Kinder, sagt Prytula. «Ich kenne ein kleines Mädchen, das seine langen Haare abschneiden liess, diese verkaufte und den Erlös spendete.» Andere Kinder brächten ihr Sparschwein, sammelten auf der Strasse, verzichteten auf den Kauf eines neuen Handys oder eines Töffs – und das alles, um «unser Land vor dem verrückten Putin und seinen Soldaten zu schützen».
Es sei ein grosses Bedürfnis, für die Armee zu spenden, sagt Prytula. Die Ukrainer könnten nicht einfach gemütlich zu Hause vor dem Fernseher sitzen, die Nachrichten von der Front verfolgen und jammern. Sie wollten etwas tun. «Sie erachten es sogar als Pflicht, den Soldaten und dem Land zu helfen, denn die ukrainische Armee schützt nicht nur Politiker oder schöne Frauen», sagt Prytula, «sondern uns alle.»