In Indien, mit 1,35 Milliarden Einwohnern das zweitgrösste Land der Welt, läuft wegen des Corona-Lockdowns nichts mehr. Der Schweizer Botschafter Andreas Baum (56) versucht verzweifelt, seine Landsleute aufzuspüren und ihnen eine Rückreisemöglichkeit zu bieten.
BLICK: Andreas Baum, wie ist zurzeit die Lage auf Ihrer Botschaft in Delhi?
In nur wenigen, aber gefühlt sehr langen Wochen, fand eine kaum fassbare Verwandlung unserer Botschaft statt. Vorher ein Betrieb, der die ganze Palette diplomatischer und konsularischer Aufgaben abdeckt und die grösste Visa-Sektion der Schweiz weltweit betreibt. Jetzt ein eingeschworenes Team, das gestrandete Schweizerinnen und Schweizer ausfindig macht und zusammen mit dem Krisenmanagement-Zentrum in Bern Sonderflüge aufgleist sowie Überlandtransporte durchführt, um gestrandete Mitbürgerinnen und Mitbürger aus entlegenen Orten an Flughäfen zu bringen. Und das in einem Land, das nicht nur riesig ist, sondern sich in einem totalen Lockdown befindet und in dem man sich ausserhalb des Hauses fast nicht mehr bewegen kann.
Welche Sicherheits-Massnahmen haben Sie auf der Botschaft eingeführt?
Wir haben früh begonnen, alle Mitarbeitenden mit den wichtigsten Schutzmassnahmen vertraut zu machen, haben Workshops organisiert – in Englisch, aber auch in Hindi, sodass alle gut nachvollziehen konnten, worauf es ankommt. Wir haben Personal mit Material ausgestattet, vor allem Masken und Handdesinfektionsmittel, und haben Social-Distancing-Regeln eingeführt. Das ist in einem Land wie Indien, wo die Nähe viel zählt, keine Selbstverständlichkeit. Inzwischen arbeiten alle prinzipiell aus dem Homeoffice, ausser dem Sonderstab.
Der in Zürich geborene Andreas Baum ist seit 2016 Schweizer Botschafter in Indien. Der Mediziner arbeitete im EDA und war Zweiter Botschafter in Kanada, Vertreter in der UNO-Mission in New York sowie Botschafter in Nigeria und Israel.
Der in Zürich geborene Andreas Baum ist seit 2016 Schweizer Botschafter in Indien. Der Mediziner arbeitete im EDA und war Zweiter Botschafter in Kanada, Vertreter in der UNO-Mission in New York sowie Botschafter in Nigeria und Israel.
Wie helfen Sie den Schweizern, die zurzeit noch in Indien sind?
Das Land ist im absoluten Stillstand, es gibt keine internationalen, aber auch keine internen Flüge mehr. Viele gestrandete Schweizerinnen und Schweizer sind zu weit entfernt, als dass sie auf dem Landweg diese Distanzen zu einem Flughafen bewältigen könnten. Das macht mir Sorgen. Wir haben zahlreiche Busse losgeschickt, mit einem Auto mit diplomatischem Schild voran. So holten wir zum Beispiel neun Personen aus der Region Rishikesh ab. Das war fast ein 20-Stunden-Unternehmen, mit vielen Checkpoints der Polizei, die Bewilligungen sehen und wissen wollte, was man hier tue, und warum man von Adresse zu Adresse fahre.
Wie vielen Schweizern konnten sie bisher zu einem Platz im Flugzeug verhelfen?
Wir haben so bislang über 200 Schweizerinnen und Schweizer sowie Personen, die in der Schweiz leben, auf zwei Schweizer Sonderflüge gebracht. Weitere 80 Personen haben wir auf Flügen europäischer Partnerländer unterbringen können. Aber viele sind an Orten, die durch die immensen Distanzen und den Lockdown für uns gar nicht erreichbar sind.
Was passiert mit ihnen? Überlassen Sie diese Leute ihrem Schicksal?
Unsere Hoffnungen ruhen darauf, dass ab einem gewissen Zeitpunkt der Lockdown gelockert wird und wir dann Wege und Mittel finden, gestrandete Schweizerinnen und Schweizer direkt unterstützen zu können. Bis dahin ist es wichtig, regelmässig mit ihnen in Kontakt zu stehen und Möglichkeiten zur Hilfestellung auszuloten. Die ganze Schweizer Vertretung in Indien – die Botschaft in Delhi, die Generalkonsulate in Mumbai und Bangalore, zusammen mit den beiden Honorarkonsulaten in Kolkata und Chennai – hat ein robustes Kontaktnetz. Aber physisch an diese Orte zu gelangen, während das Land total stillsteht, ist die grosse Herausforderung.
Noch hat das Coronavirus in Indien mit rund 400 Toten im Vergleich zu andern Ländern noch nicht gross zugeschlagen. Welche Entwicklung sagen Sie voraus?
Die Zahlen sind zwar noch relativ niedrig, aber die Fallzahlen steigen täglich. Ich gehe von einer grossen Dunkelziffer aus. In diesem Riesenland, mit grosser Bevölkerung und wenig entwickeltem Sanitär- und Gesundheitssystem, ist eine verheerende Krankheitswelle eine realistische Hypothese. Dieser bedrückende Gedanke begleitet uns bei unserer Arbeit immer.
Kommen Sie überhaupt noch zum Schlafen?
Wenn ich im Bett liege, schwirren mir viele Gedanken durch den Kopf. Gerade kürzlich habe ich an einer Anfrage zweier europäischer Botschafter herumgehirnt: Beide hatten unter ihren gestrandeten Staatsangehörigen unbegleitete Minderjährige. Bisherige Sonderflüge anderer Länder waren nicht in der Lage gewesen, sie mitzunehmen. Schliesslich gelang es, die fünf jungen Personen dank des Schweizer Sonderflugs zurück zu ihren Eltern zu bringen. Aber die Nacht bringt auch Zweifel: Schaffe ich das? Bleiben wir alle gesund? Haben wir alle Massnahmen getroffen, um uns als Team zu schützen? Ist unser kleines Botschaftsschiff auf Kurs?
Sie selber waren schon mit mehreren Krisen konfrontiert. Wie schätzen Sie die Corona-Pandemie ein?
Zwei Gaza-Kriege, die islamistische Organisation Boko Haram in Nigeria: Ja, ich habe schon etliche Krisensituationen erlebt, aber nie eine Krise von diesem Ausmass, die überall gleichzeitig stattfindet, ohne dass ein Ende absehbar wäre. Es ist eine Erfahrung, bei der die persönliche Verwundbarkeit, die Sorge um Familienmitglieder, aber auch die Einsamkeit im Homeoffice einen grossen Platz einnehmen. Jeder hat irgendwie Angst. Gereiztheit und blank liegende Nerven werden spürbar. Die Arbeit im Team hilft, die dunkleren Momente zu überbrücken. Wir sind alle im selben Boot.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
Gerade in der Grippesaison kann man selber nur schwer einschätzen, ob man am Coronavirus erkrankt ist oder ob man einfach eine gewöhnliche Grippe hat. Die Unterschiede sind fein, aber es gibt sie. Blick klärt auf.
Gerade in der Grippesaison kann man selber nur schwer einschätzen, ob man am Coronavirus erkrankt ist oder ob man einfach eine gewöhnliche Grippe hat. Die Unterschiede sind fein, aber es gibt sie. Blick klärt auf.
Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit, wie Sie sich selbst schützen können:
Hygienemassnahmen
- Hände regelmässig mit Wasser und Seife waschen und/oder Desinfektionsmittel nutzen.
- Nicht in Hände niesen oder husten, sondern Taschentuch oder Armbeuge nutzen. Taschentücher anschliessend sofort korrekt in geschlossenem Abfalleimer entsorgen.
- Bei Fieber und Husten zwingend zu Hause bleiben.
Kontakt minimieren
- Zu Hause blieben und Kontakte mit Personen möglichst minimieren. Nur in Ausnahmesituationen aus dem Haus gehen: Lebensmittel einkaufen / Arzt- oder Apothekenbesuch / Homeoffice ist für Ihre Arbeit nicht möglich / Sie müssen anderen Menschen helfen. Kontakt mit Personen vermeiden, die Atembeschwerden oder Husten haben.
- Wichtig: Keine Begrüssungsküsschen, keine Umarmungen, kein Händeschütteln.
- 2 Meter Abstand zu Mitmenschen halten, beispielsweise beim Anstehen oder bei Sitzungen.
- Öffentliche Verkehrsmittel meiden und Lieferdienste nutzen.
-
Bei Symptomen (Atembeschwerden, Husten oder Fieber) nicht in die Öffentlichkeit gehen und umgehend – unbedingt zuerst telefonisch – eine Ärztin, einen Arzt oder eine Gesundheitseinrichtung kontaktieren.
Informiert bleiben
- An die Regeln und Ansagen der Behörden halten. Infoline Coronavirus: 058 463 00 00, Info-Seite des BAG: bag-coronavirus.ch
Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit, wie Sie sich selbst schützen können:
Hygienemassnahmen
- Hände regelmässig mit Wasser und Seife waschen und/oder Desinfektionsmittel nutzen.
- Nicht in Hände niesen oder husten, sondern Taschentuch oder Armbeuge nutzen. Taschentücher anschliessend sofort korrekt in geschlossenem Abfalleimer entsorgen.
- Bei Fieber und Husten zwingend zu Hause bleiben.
Kontakt minimieren
- Zu Hause blieben und Kontakte mit Personen möglichst minimieren. Nur in Ausnahmesituationen aus dem Haus gehen: Lebensmittel einkaufen / Arzt- oder Apothekenbesuch / Homeoffice ist für Ihre Arbeit nicht möglich / Sie müssen anderen Menschen helfen. Kontakt mit Personen vermeiden, die Atembeschwerden oder Husten haben.
- Wichtig: Keine Begrüssungsküsschen, keine Umarmungen, kein Händeschütteln.
- 2 Meter Abstand zu Mitmenschen halten, beispielsweise beim Anstehen oder bei Sitzungen.
- Öffentliche Verkehrsmittel meiden und Lieferdienste nutzen.
-
Bei Symptomen (Atembeschwerden, Husten oder Fieber) nicht in die Öffentlichkeit gehen und umgehend – unbedingt zuerst telefonisch – eine Ärztin, einen Arzt oder eine Gesundheitseinrichtung kontaktieren.
Informiert bleiben
- An die Regeln und Ansagen der Behörden halten. Infoline Coronavirus: 058 463 00 00, Info-Seite des BAG: bag-coronavirus.ch