Gekämpft wird auch um die Deutungshoheit dieses Ereignisses. Der Kreml rechtfertigt seinen Angriffskrieg als Abwehr einer westlichen Bedrohung und eines angeblich nazistischen Regimes in Kiew. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hingegen stellt die Verteidigung der Ukraine in eine Reihe mit dem Kampf gegen Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg. Zur Feier des Europatags wird EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an diesem Dienstag in Kiew erwartet.
Selenski: Gedenken bedeutet auch schützen
Selenski sagte am Montagabend in seiner täglichen Videoansprache: «Heute, am 8. Mai, wenn sich die Welt an die Worte „Nie wieder!“ erinnert, geben wir in der Ukraine diesen Worten eine Bedeutung.» Es gehe nicht nur darum, sich zu erinnern, sondern seine Werte auch zu schützen und Aggressoren zu besiegen. «Die Erfolge der Ukrainer bei der Verteidigung gegen die russische Aggression sind eindeutig ein Gegengift gegen andere Aggressionen», sagte Selenski. Die Welt könne sehen, wie sich ein freies Volk vor Eroberern schütze. «Wenn wir das können, können dies andere auch.» Am 8. Mai wird in Europa alljährlich des Endes des Zweiten Weltkriegs gedacht.
Blick informiert im Ticker Live über die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine.
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Selenskis Ansprache dürfte sich angesichts der bevorstehenden Siegesparade in Moskau auch gegen die russische Propaganda richten. Diese beansprucht für den Kreml das Monopol auf den Sieg gegen Hitler-Deutschland im Zweiten Weltkrieg und verklärt den eigenen Angriffskrieg gegen die Ukraine quasi zur Fortsetzung des sowjetischen Abwehrkampfs.
Generalinspekteur: Unterstützung der Ukraine «an vorderer Stelle»
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, gibt der weiteren militärischen Unterstützung der Ukraine bei der Verteidigung gegen die russischen Angreifer Priorität. «Der Kampf auf Leben und Tod rechtfertigt Einschränkungen in Ausbildung und Materialverfügbarkeit bei uns. Die Unterstützung der tapferen ukrainischen Streitkräfte im Kampf gegen den russischen Aggressor steht für uns an vorderer Stelle», sagte der ranghöchste deutsche Soldat der Deutschen Presse-Agentur nach einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Der General bekräftigte: «Die Ukraine kämpft für uns alle.»
Breuer war in der vergangenen Woche in der Ukraine und traf Armeechef Walerij Saluschnyj und den ukrainischen Verteidigungsminister Olexij Resnikow. Resnikow dankte laut Mitteilung für die bisher erhaltenen Waffen aus Deutschland, unter denen moderne Flugabwehrsysteme, Panzerhaubitzen und auch der Kampfpanzer Leopard 2 sind.
Russischer Besatzungschef: Regen verzögert Beginn von Kiews Offensive
Regenfälle verzögern nach Angaben der russischen Besatzungsbehörden in der Südukraine den Beginn der erwarteten Offensive Kiews. «Wieder hat instabiles feuchtes Wetter Einzug gehalten. Der Boden muss zehn bis zwölf Zentimeter durchgetrocknet sein, damit die Technik darüber rollen kann», sagte der Verwaltungschef des von Moskau kontrollierten Teils von Saporischschja, Jewgeni Balizki, am Montag im russischen Fernsehen. Trotzdem könne die Gegenoffensive «jeden Moment beginnen».
Am Freitag hatte die russische Verwaltung mit der Evakuierung der frontnahen Ortschaften im Gebiet Saporischschja begonnen. Davon betroffen ist auch die Stadt Enerhodar, in der sich das Atomkraftwerk Saporischschja befindet. Balizki sprach von einer zeitweisen Umsiedlung der Bewohner zur Sicherheit der Bevölkerung.
Russische Rakete zerstört Lagerhaus des ukrainischen Roten Kreuzes
Russland versucht zugleich mit Raketen- und Drohnenangriffen die Vorbereitung der Ukrainer auf einen Gegenangriff zu stören. Immer wieder werden dabei aber auch zivile Ziele getroffen. Durch einen russischen Raketenangriff wurde in der südukrainischen Hafenstadt Odessa ein Lagerhaus des ukrainischen Roten Kreuzes zerstört. «Das Feuer vernichtete alle humanitären Hilfsgüter, die sich im Lager befanden», teilte die Organisation am Montag mit. Beim Raketenangriff auf das Lager einer Lebensmittelfirma wurden der Staatsanwaltschaft zufolge ein Mensch getötet und drei verletzt.
Belarussischer Machthaber zu Arbeitsbesuch in Moskau eingetroffen
Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko traf einen Tag vor der geplanten grossen Militärparade in Moskau zu einem unangekündigten Besuch in Russland ein. Auf einem Video, das die belarussische staatliche Nachrichtenagentur Belta veröffentlichte, war zu sehen, wie der 68-Jährige am Moskauer Flughafen von Russlands Vizeregierungschef Denis Manturow in Empfang genommen wurde.
Das wird am Dienstag wichtig
Während in Deutschland und andernorts in Europa bereits am Montag an das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa 1945 erinnert wurde, begeht Russland seinen Tag des Sieges an diesem Dienstag traditionell mit einer grossen Militärparade. Neben Kremlchef Wladimir Putin und Lukaschenko wollen auch mehrere andere Staatschefs der ehemaligen Sowjetrepubliken die diesjährige Parade in Moskau besuchen.
Derweil wird EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen zur Feier des Europatags in Kiew erwartet. Nach Angaben eines Sprechers will die deutsche Spitzenpolitikerin unter anderem Selenski treffen und erneut die uneingeschränkte Unterstützung der EU für die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland bekräftigen.
(SDA)