Wladimir Kara-Mursa durfte seit Jahren nicht mit Familie sprechen
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Russischer Nobelpreisträger Muratow bangt um Kremlkritiker
«Wir müssen mit weiteren Todesfällen rechnen»

Alexei Nawalny wird nicht der letzte Kremlkritiker sein, der im russischen Strafvollzug sterben wird, glaubt der Nobelpreisträger Dimitri Muratow. Wem sich Putin als Nächstes entledigen könnte.
Publiziert: 25.02.2024 um 14:03 Uhr
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Aktualisiert: 25.02.2024 um 14:15 Uhr
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Wem entledigt sich Kremlchef Wladimir Putin als Nächstes?
Foto: keystone-sda.ch
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Marian NadlerRedaktor News

Der Tod von Alexei Nawalny (†47) vor wenigen Tagen lässt bei Menschenrechtsaktivisten und kremlkritischen Journalisten alle Alarmglocken schrillen. Sie fürchten, dass nun Dutzenden weiteren politischen Gefangenen in russischen Haftanstalten der Tod drohen könnte.

Dimitri Muratow (62), der mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Herausgeber der vom Kreml unabhängigen Zeitung «Nowaja Gaseta», sagt dem «Observer», dass Nawalnys Tod ein klarer Weckruf für die Welt gewesen sei, die russischen politischen Gefangenen zu retten, die als Nächstes sterben könnten. «Ich konnte Nawalny schon nicht helfen», so Muratow. «Aber es gibt mehrere Menschen in schlimmstem Zustand.»

Wurde Kara-Mursa in Haft vergiftet?

Der Journalist setzt in dem Gespräch auf Klartext. «Ich sage es Ihnen direkt: Wir müssen mit weiteren Todesfällen rechnen.» Zu den Menschen, die in Lebensgefahr sein sollen, zählt Muratow Wladimir Kara-Mursa (42). Kara-Mursa muss 25 Jahre Haft absitzen, weil er westliche Regierungen dazu aufforderte, Putins Top-Helfer und Verbündete zu sanktionieren. Er klagte in Haft immer wieder über Taubheitsgefühle in den Extremitäten und gesundheitliche Probleme. Mutmasslich wurde er vergiftet.

Weiter nennt Muratow den an Prostatakrebs erkrankten Oppositionellen Igor Baryschnikow (65) und den Kommunalpolitiker Alexei Gorinow (62). Beide müssen eine siebenjährige Haftstrafe, für die die angebliche Verbreitung «falscher Informationen über das russische Militär» verbüssen.

«Schmerzhafter Mord in Zeitlupe»

Gorinow, einer der ersten Russen, der nach Beginn des Ukraine-Kriegs verurteilt worden war, leidet an einer chronischen Lungenerkrankung. 2016 wurde ihm ein Drittel seiner Lunge amputiert.

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«Ich glaube, Alexei wird im Gefängnis getötet», zitiert der Observer mit Darja Wolja eine enge Freundin Gorinows. «Die Bedingungen, unter denen er festgehalten wird, und die Weigerung, ihm umgehend eine angemessene Behandlung zukommen zu lassen, sind ein sehr schmerzhafter Mord an einem Menschen in Zeitlupe.» Muratow pflichtet bei, dass Gorinow in Haft ersticke.

Gorinows Haftbedingungen sind katastrophal. Wolja: «Es ist wahnsinnig kalt und feucht, und es sind immer mehr Menschen dort, als die Zelle aufnehmen kann.»

Nawalnys Leiche wurde seiner Mutter übergeben

In einem öffentlichen Appell listete die «Nowaja Gaseta» 13 inhaftierte politische Gefangene auf, «deren Gesundheit und Leben gerettet werden können, wenn wir den Staat dazu zwingen können, seine Zähne zu öffnen.» Muratow erklärt, er habe sich im vergangenen Jahr erfolglos beim Internationalen Roten Kreuz dafür eingesetzt, Zugang zu Nawalny im Gefängnis zu fordern. Der Nobelpreisträger fordert westliche Regierungen dazu auf, gefangene Spione gegen Kremlkritiker auszutauschen.

Am Samstag wurde Alexei Nawalnys Leiche seiner Mutter übergeben. «Wir waren zu spät bei Alexei. Aber es besteht immer noch die Chance, diese Menschen zu besuchen und ihr Leben zu retten», betont Muratows Kollegin Vera Tschelischtschewa gegenüber dem «Observer».

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