Sie standen bereits 200 Kilometer vor Moskau und kehrten dann um. Weshalb sich die Wagner-Armee so plötzlich zurückzog, ist nach wie vor völlig unklar.
Neue Informationen des britischen Geheimdiensts könnten nun aber Licht ins Dunkel bringen. Demnach soll Wagner-Anführer Jewgeni Prigoschin (62) seinen Marsch auf die russische Hauptstadt wegen Bedrohungen gegen seine Familie abgebrochen haben. Dies berichtet die britische Zeitung «Telegraph» am Montag.
Der russische Geheimdienst soll demnach das persönliche Umfeld des Wagner-Chefs nach dessen Vorstoss Richtung Moskau stark bedroht haben. Beamte drohten Prigoschin angeblich, seiner Familie Schaden zuzufügen, stoppe er den Putschversuch nicht augenblicklich.
Die Darstellung des britischen Geheimdienstes könnte eine Erklärung dafür sein, warum der Vorstoss nach Moskau so schnell ein Ende gefunden hat. Prigoschin darf nach Kreml-Angaben ins belarussische Exil – ohne Strafverfolgung. Auch seine Söldner kommen ohne Strafverfolgung davon.
Die Vereinbarung wurde vom belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko (68) vermittelt, der angebliche mehrere Stunden mit dem Wagner-Chef verhandelt haben soll. Am Samstag wurden sie dabei gefilmt, wie sie die russische Stadt Rostow am Don gemeinsam verliessen.
Prigoschin selbst hat sich bislang nicht zu dem angeblichen Deal geäussert. Seit seiner Abfahrt in Rostow am Don ist er von der Bildfläche verschwunden.
Wagner-Söldner sollen nun in russische Armee integriert werden
Der plötzliche Abzug könnte aber auch einen strategischen Hintergrund haben. Laut dem britischen Geheimdienst verfügt die Wagner-Gruppe über viel weniger Kämpfer als bisher angenommen. Statt 25'000 Soldaten seien nur 8500 im Einsatz. Auf dem Weg nach Moskau hätten sich die Wagner-Truppen einer fast sicheren Niederlage gegenüber gesehen.
Einigen Wagner-Mitgliedern sollen jetzt Verträge bei der russischen Armee angeboten werden. Der russische Präsident Wladimir Putin (70) wolle die gut ausgebildeten Wagner-Söldner unbedingt in seinen eigenen Reihen wissen, heisst es in dem Bericht.
Seit seiner Ansprache an die Nation vom Samstag ist Putin nicht mehr öffentlich aufgetreten. In einem bereits früher aufgezeichneten Interview äusserte er sich am Sonntag jedoch über die weiter von ihm genannte «Militäroperation» in der Ukraine. Er sei zuversichtlich, alle Ziele zu erreichen. Ob dies tatsächlich geschehen wird, bezweifelt der britische Geheimdienst. (ene)