Auf einen Blick
- Putin distanziert sich von Assad nach dessen Sturz in Syrien
- Russland kritisiert Assads Unfähigkeit, will aber Militärbasen in Syrien behalten
- Assad besitzt mehrere Luxus-Appartements im Moskauer Hochhaus-Viertel Moskau City
Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin (72) scheint sein berühmter Flüchtling lästig zu werden. Nachdem der syrische Präsident Bashar al-Assad (59) am 8. Dezember gestürzt worden ist und in Moskau Zuflucht gefunden hat, distanziert sich der Kreml jetzt von ihm.
Gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur Tass kritisierte der russische Aussenminister Sergei Lawrow (74) Assads Regentschaft in Syrien scharf. Er wirft ihm «Unfähigkeit» vor. Lawrow: «Wir können bereits jetzt sagen, dass einer der Gründe für die Verschlechterung der Lage die Unfähigkeit der damaligen Regierung war, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung im sich hinziehenden Bürgerkrieg zu befriedigen.»
Diese Aussage kommt überraschend, da Putin und Assad eng zusammenarbeiteten und Freunde waren. Russland betreibt in Syrien die Marinebasis Tartus und den Luftwaffenstützpunkt Hmeimim bei Latakia. Damit hat Putin direkten Zugang zum Mittelmeer und kann seine in Afrika tätigen Truppen versorgen.
Es wäre ein «prekäres Signal»
Mit der Kritik an Assad dürfte der Kreml versuchen, die neuen Machthaber um die islamistische Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) zu besänftigen. Denn die Russen setzen alles daran, ihre beiden Stützpunkte in Syrien behalten zu können.
Die Frage ist, wie weit der Kreml der HTS entgegenkommen wird. Wird Russland Assad den neuen Machthabern gar ans Messer liefern? Für Ulrich Schmid (59), Russland-Experte an der Uni St. Gallen, steht fest: «Putin verachtet Assad nun, weil dieser die Macht verloren hat.»
Eine Auslieferung erachtet Schmid allerdings als «sehr unwahrscheinlich». «Das würde ein prekäres Signal an weitere Autokraten senden, die auf Unterstützung des Kremls zählen. Putin wird Assad in Moskau ein ruhiges Exil ermöglichen.»
Haftbefehl gegen Assad
Assad verdankte dem Kreml knapp zehn Jahre lang sein politisches Überleben. Ohne das Eingreifen des russischen Militärs im Bürgerkrieg wäre Assad schon 2015 gestürzt worden. Schmid: «Seither war Assad ein Diktator von Putins Gnaden, wie das seit 2020 der Fall bei Lukaschenko ist.» Alexander Lukaschenko (70) ist Machthaber in Belarus und stark von Putin abhängig.
Schmid vergleicht Assad nach dessen Sturz mit Viktor Janukowitsch (74), dem 2014 abgesetzten ukrainischen Präsidenten. Der floh damals nach Russland und werde dort seither «still geduldet».
Der Assad-Clan besitzt im Hochhaus-Viertel Moskau City im Westen der russischen Hauptstadt mehrere Luxus-Appartements. Gegen Assad hat Frankreich wegen Mitverantwortung eines Gasangriffs einen Haftbefehl erlassen. Auch die HTS hat angekündigt, gegen Assad vorgehen zu wollen. Wie das geschehen soll und was die Strafe sein könnte, darüber haben die neuen Machthaber bisher keine Angaben gemacht.