Auf einen Blick
- Dominique Pelicot zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt
- Tochter Caroline wirft Vater vor, sie missbraucht zu haben – Beweislage nicht eindeutig
- 50 Nebenangeklagte wurden in mindestens einem Anklagepunkt für schuldig befunden
Am Donnerstag verliess Gisèle Pelicot (71) zum letzten Mal das Gericht im südfranzösischen Avignon, nachdem ihr Ex-Mann Dominique Pelicot (72) zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Er hatte sie unter Drogen gesetzt, vergewaltigt und fast ein Jahrzehnt lang Dutzenden Fremden zum Missbrauch angeboten.
Dominique Pelicot wurde in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen. Auch die 50 Nebenangeklagten wurden alle in mindestens einem Anklagepunkt für schuldig befunden. Obwohl der Prozess am Ende angelangt ist, sind mit Blick auf die Folgen noch immer Fragen offen. Blick stellt vier von ihnen vor.
Was macht Gisèle Pelicot jetzt?
Als sie im September zum ersten Mal die Stufen des Gerichtsgebäudes von Avignon hinaufstieg, kannte niemand Gisèle Pelicots Namen. Heute, 15 Wochen später, ist sie weltbekannt. Als sie am Donnerstag das Gerichtsgebäude verliess, skandierten Hunderte Menschen ihren Namen, ihr Foto war auf den Titelseiten von Zeitungen in aller Welt zu sehen.
Als eine der bekanntesten Frauen Frankreichs wird es ihr unmöglich sein, die Anonymität wiederzuerlangen, die sie vor Prozessbeginn hatte. Sie wirkt nicht wie eine lautstarke Aktivistin. Vielmehr könnte die Französin zu dem zurückkehren, was ihr, wie sie am Rande des Verfahrens sagte, immer Trost gespendet hat: Musik, lange Spaziergänge, Schokolade – und ihre sieben Enkelkinder. «Jetzt hat sie ihren Frieden gefunden und ist erleichtert, dass alles vorbei ist», zitiert die BBC ihren Anwalt Stéphane Babonneau.
Was ist wirklich mit Pelicots Tochter Caroline passiert?
Einige Tage, nachdem die Verbrechen von Dominique Pelicot ans Licht gekommen waren, wurde seine Tochter Caroline zur Befragung auf die Polizeiwache gerufen. Ihr wurden Fotos einer offenbar bewusstlosen Frau in unbekannter Unterwäsche gezeigt. Nur ganz langsam begriff sie, dass sie Fotos von sich selbst ansah.
Ihr Vater hat bestritten, sie unsittlich berührt zu haben. Caroline wirft ihm dennoch vor, sie «mit inzestuösen Augen» angesehen zu haben, und erklärte, sie werde ihm niemals glauben.
In ihren Memoiren, die nach der Verhaftung von Dominique Pelicot veröffentlicht wurden, schildert Caroline Pelicot, dass ihre Mutter Gisèle sich weigerte, die Vorwürfe ihrer Tochter gegenüber Dominique Pelicot zu glauben. Der Mangel an Beweisen für den Missbrauch hat darum auch einen Keil zwischen Caroline und ihre Mutter getrieben. «Wegen meines Vaters verliere ich jetzt meine Mutter», schrieb sie.
Werden die Täter in Berufung gehen?
Die Strafen für die Nebenangeklagten fielen milder aus, als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Viele Verteidiger zeigten sich erfreut darüber, somit dürften nur wenige der Täter Berufung gegen das Urteil einlegen. Aber: Schon am Morgen nach Prozessende hatten zwei Männer, die zu je acht Jahren Gefängnis verurteilt worden waren, Berufung gegen die Urteile eingelegt. Weitere könnten in den kommenden Tagen folgen.
Hat Dominique Pelicot noch weitere Straftaten begangen?
Dominque Pelicot hat eingeräumt, dass er 1999 in einem Vorort von Paris eine Immobilienmaklerin (23) angegriffen und versucht hat, sie zu vergewaltigen. Er legte ihr ein mit einem Betäubungsmittel getränktes Tuch auf den Mund. Sie konnte den Angreifer gerade noch rechtzeitig abschütteln und fliehen.
Die Verantwortung für einen ähnlichen Fall aus dem Jahr 1991 bestreitet Pelicot. Damals war die junge Immobilienmaklerin Sophie N.*, vergewaltigt und ermordet worden. Beide Fälle sind enorm ähnlich. Nun werden auch andere ungelöste Fälle erneut untersucht.
* Name bekannt