Auf einen Blick
- Anwalt betont Verantwortung aller 51 Angeklagten im Missbrauchsprozess in Avignon
- Ex-Mann gestand, Frau jahrelang betäubt und Männern zur Vergewaltigung angeboten zu haben
- Gisèle P. geht von etwa 200 erlittenen Vergewaltigungen aus
- Pelicot bestreitet, seiner Tochter dasselbe angetan zu haben
Im Missbrauchsprozess in Südfrankreich hat die Nebenklage um Opfer Gisèle P.* (72) die Verantwortung aller 51 Angeklagten für die zigfache Vergewaltigung betont. «Alle haben, zumindest als sie dieses Horrorhaus verlassen haben, verstanden, dass andere vor ihnen kamen und andere folgen würden», sagte Anwalt Antoine Camus. «Jeder hat in seinem Mass, auf seinem Niveau zu dieser Monstrosität, zu diesem Martyrium dieser Frau beigetragen.» Alle 50 neben P.s Ex-Mann angeklagten Männer hätten entschieden, einen Körper zu missbrauchen, der keine Einwilligung geben konnte. Alle hätten entschieden, sich vom Denken zu verabschieden.
P.s Ex-Mann wird vorgeworfen, seine damalige Frau fast zehn Jahre lang mit Medikamenten bewusstlos gemacht, missbraucht und anderen Männern zur Vergewaltigung angeboten zu haben. Der Mann gestand vor Gericht. Gisèle P. geht davon aus, etwa 200 Vergewaltigungen erlitten zu haben.
Stéphane Babonneau, der zweite Anwalt von Gisèle P., forderte, die Tatsache, dass die Taten gemeinschaftlich und durch die Betäubung mit Medikamenten begangen wurden, als erschwerende Merkmale anzuerkennen. Auf Vergewaltigung stehen in Frankreich 15 Jahre Haft, bei schwerer Vergewaltigung drohen 20 Jahre.
Angeklagten droht Haftstrafe
Gisèle P.s Anwalt Camus gab zu bedenken, das Strafrecht könne die Schwere der Taten nicht in Gänze fassen. Er kritisierte zudem einige Verteidigungsstrategien. Mehr als die Hälfte der Angeklagten liess über ihre Anwälte aufwerfen, nicht bei vollem Bewusstsein gewesen zu sein. Einige geben an, der Hauptangeklagte könnte sie auch unter Drogen gestellt haben. «Wenn die Verteidigung auch frei ist, sagt sie doch viel darüber aus, wer wir sind», sagte Camus.
P. habe mit der Entscheidung, den Prozess offen zu führen, auch zeigen wollen, wie eine Vergewaltigung im Jahr 2024 in Frankreich verteidigt wird. Nicht alle Opfer hätten das Glück, jeden Tag Applaus zu erhalten sowie Bestärkung, am nächsten Tag wiederzukommen. «Sie durchleben das allein im Saal mit ihrem Vergewaltiger.»
Anwalt spricht von «perfektem Verbrechen»
Zum Vorgehen des Ex-Mannes, seine Frau mit Medikamenten zu betäuben, sagte Camus: «Die chemische Unterwerfung ist nichts anderes als der Modus Operandi des perfekten Verbrechens.» Jeden Tag sei P. bei sich zu Hause mit ihrem Ehemann aufgewacht. Das andere Gesicht ihres Mannes habe sie nicht gekannt.
Tochter beschimpft Pelicot, er würde «einsam wie ein Hund sterben»
Camus sagte, 99 Prozent der Opfer eines solchen Vorgehens hätten keine Beweise. Die Tochter der P.s, die vermutet, ebenfalls von ihrem Vater betäubt und missbraucht worden zu sein, bestätige diese Regel. Gisèle sei durch die Masse an Videos und Fotos der Taten die Ausnahme. «Ohne diese Videos ist es wahrscheinlich, dass diese Misshandlung Gisèles angedauert hätte, bis dies sie umgebracht hätte.»
In seinem Schlussplädoyer seines Prozesses beteuerte Pelicot, seine Tochter niemals misshandelt zu haben. Er bestritt, seiner Tochter Caroline Drogen verabreicht und Fotos von ihr gemacht zu haben, wie sie halbnackt oder in Reizwäsche auf dem Bett liegt. Fotos, die bei ihm auf dem Computer gefunden wurden.
Caroline Pelicot glaubt ihm nicht. Während des Prozesses schrie sie ihn an, dass sie ihn nie wiedersehen werde: Weiter sagte sie: «Du wirst einsam sterben wie ein Hund». Der 71-Jährige sagte zum Schluss: «Auch wenn sie mich nicht mehr liebt, weiss ich, was ich getan habe und was ich nicht getan habe. Mir zu sagen, ich solle wie ein Hund sterben, ändert nichts an meinen Gefühlen für sie.»
* Name bekannt