Auf einen Blick
- 50 Männer vergewaltigten Gisèle P. über neun Jahre hinweg
- Ex-Ehemann mischte Schlaftabletten ins Essen und lud Männer ein
- Angeklagte: Krankenpfleger, Journalist, Soldat und viele Väter
50 Männer im Alter zwischen 26 und 74 Jahre haben Gisèle P.* (72) über neun Jahre vergewaltigt. Ihr mittlerweile Ex-Ehemann Dominique P.* (71) mischte Schlaftabletten und angstlösende Medikamente in ihr Essen und Getränke und lud Männer dazu ein, seine Frau zu vergewaltigen. Die Männer stehen jetzt vor Gericht in Avignon (F).
«Ich bin ein Vergewaltiger, wie die anderen in diesem Raum», so der angeklagte Ex-Ehemann. Er hat gestanden, mehrere Treffen über einen Online-Chatroom namens «ohne ihr Wissen» organisiert zu haben. Die 50 Männer sind wie Dominique P. wegen Vergewaltigung und Körperverletzung angeklagt - einer wegen versuchter Vergewaltigung. Den Männern droht bis zu zwanzig Jahren Haft. Der «Guardian» hat die mutmasslichen Vergewaltiger unter die Lupe genommen.
Sie dachten, es handle sich um ein Spiel
Unter den Beschuldigten befinden sich unter anderem ein Krankenpfleger, ein Journalist, ein Gefängniswärter, ein Gemeinderatsmitglied, ein Soldat, Lastwagenfahrer und ein verurteilter Straftäter. Viele von ihnen sind Väter und hatten zur Tatzeit eine Partnerin.
Nur wenige der Angeklagten geben die Vergewaltigung zu. Andere geben an, von Dominique P. getäuscht worden zu sein. Sie dachten, es handele sich um ein Spiel des Ehepaars. Er habe sich online als Teil eines Paares vorgestellt, das alleinstehende Männer kennenlernen wolle. Sie sprachen auch davon, sich nicht an die Tat zu erinnern oder selbst unter Drogen gesetzt worden zu sein.
Die Frage des Einverständnisses wird bei mehreren Verhören der Männer thematisiert. So sagte Joan K.* (26), dass er zum Zeitpunkt der mutmasslichen Vergewaltigung – im Alter von 22 Jahren – nicht wusste, was Einverständnis ist. Er habe es aber seltsam gefunden, dass Gisèle P. schnarchte. Der Angeklagte Thierry P.* (61) habe die Einwilligung nicht eingeholt, weil er viel Erfahrung mit Paaren habe, bei denen es der Mann war, der für die Frau die Einwilligung gab.
Der «Jünger» von Dominique P.
So habe der 61-Jährige in der Vergangenheit schon drei «grosse» solcher Erfahrungen gemacht. Ein Ehemann lud ihn dazu ein, Sex mit seiner Ehefrau zu haben. So war es auch bei Gisèle P.. Er habe nichts Ungewöhnliches gemerkt. «Ich dachte immer, Mrs. P. würde aufwachen», sagte er. «Ihr war nicht kalt, sie war nicht tot, ihre Haut war weich.»
Ein solcher Ehemann war auch Jean-Pierre M.* (63). Er wird nicht beschuldigt, Gisèle P. vergewaltigt zu haben, sondern seine eigene Frau. Er lernte Dominique P. online kennen, wurde zu seinem Schüler. Vor Gericht wird er als sein «Jünger» beschrieben. Er vergewaltigte seine Frau unter Drogeneinfluss und lud auch Dominique P. dazu ein. Zwischen 2015 und 2020 soll es zwölf Vergewaltigungen an Jean-Pierres Frau gegeben haben.
Emilie O.* (33), Ex-Partnerin des Angeklagten Hugues M.* (39), bringt ihre Angst vor Gericht zum Ausdruck: «Ich weiss nicht, ob ich vergewaltigt wurde», sagte sie. «Es ist schrecklich. Ich werde immer Zweifel haben.»
* Namen bekannt