Auf einen Blick
- Franzose betäubte seine Frau und bot sie Fremden an
- Erstmals vor Gericht bekannte er sich zu den Taten
- Ermittler fanden etwa 4000 Fotos und Videos der Vergewaltigungen
«Ich bin ein Vergewaltiger, wie alle, die in diesem Saal sind. Sie (die anderen Angeklagten) können nicht das Gegenteil behaupten», sagte der 72-Jährige vor Gericht in Avignon. «Herr Vorsitzender, ich räume die Vorwürfe in ihrer Gesamtheit ein», sagte der Rentner in seiner ersten mit Spannung erwarteten Aussage zu den ungeheuerlichen Anschuldigungen, die Frankreich seit Prozessbeginn vor zwei Wochen erschüttern.
Der Ehemann soll seine inzwischen von ihm geschiedene Frau innerhalb von knapp zehn Jahren immer wieder mit Medikamenten betäubt haben. Dann soll er die Frau vor seinen Augen von fremden Männern vergewaltigt haben lassen, zu denen er zuvor über eine Onlineplattform Kontakt hergestellt hatte. Für den Missbrauch drohen den 50 angeklagten mutmasslichen Tätern sowie dem Ehemann bis zu 20 Jahre Haft.
Seine 71-jährige Ex-Frau Gisèle P. bestand darauf, dass der Prozess öffentlich stattfindet und als warnendes Beispiel diene für Frauen, die mit Drogen betäubt und dann missbraucht werden. Der Hauptangeklagte wendet sich während seiner Aussage an seine Ex-Frau und seine Familie. «Ich bin schuldig für das, was ich getan habe», sagte der Rentner. «Ich bereue, was ich getan habe, ich bitte um Vergebung, auch wenn es nicht entschuldbar ist».
Filmaufnahmen unter Röcke liessen Haupttäter auffliegen
Der mutmassliche Missbrauch kam erst ans Licht, als der Rentner nach Filmaufnahmen unter die Röcke von Supermarkt-Kundinnen festgenommen wurde. Bei einer Durchsuchung stiessen Fahnder auf dem Computer des Mannes auf Hunderte Videos der Taten.
Was aber treibt einen Mann zu den vorgeworfenen Taten an? Vor Gericht spricht der Hauptangeklagte davon, als Kind selber im Krankenhaus missbraucht worden zu sein und den Missbrauch einer Adoptivschwester durch seinen Vater miterlebt zu haben. «Man kann nicht sagen, dass mein Leben davon unbeeinflusst geblieben ist.» Er sei sexsüchtig gewesen und es gebe zwei Seiten seiner Persönlichkeit. «Ich habe vergeblich versucht aufzuhören, aber die Sucht war stärker», sagt er. «Ich hätte viel früher aufhören oder gar nicht erst anfangen sollen.»
Der Anstoss, seine Frau zu betäuben und missbrauchen zu lassen, soll von einem Bekannten in einem Internetforum gekommen sein, der sich als Krankenpfleger ausgegeben und ihm die nötige Dosierung der Medikamente gegeben haben soll, sagt der Angeklagte. Wann er pervers geworden sei, will ein Anwalt von dem Angeklagten wissen. «Mit der Begegnung mit diesem Mann im Jahr 2011, der mir Dinge gezeigt hat, die ich für unmöglich hielt, und die er möglich gemacht hat.»
Rentner kassierte kein Geld von Mittätern
Geld soll der Rentner von den Männern, die er zu sich eingeladen hat, nicht verlangt haben, ihm ging es laut Anklage um die Befriedigung seiner sexuellen Fantasien. Die Männer hätten aus freien Stücken Kontakt zu ihm gesucht und sein Drehbuch befolgt. "Ich habe niemanden gezwungen, sie sind selbst gekommen."
Der aufsehenerregende Gerichtsprozess hat in Frankreich längst eine landesweite Debatte über sexuelle Gewalt gegen Frauen ausgelöst sowie über die Problematik des Missbrauchs von unter Drogen gesetzten Frauen. Am Wochenende gab es in mehreren Städten Demonstrationen gegen sexuelle Gewalt sowie als Zeichen der Solidarität mit Gisèle P. Dutzende Menschen standen im Gerichtssaal in Avignon ausserdem Spalier und applaudierten, als die Frau das Gebäude verliess.
* Namen bekannt