Die Nase läuft, der Hals ist trocken, Schüttelfrost trotz Hitze – doch der Coronatest ist negativ. Aussergewöhnlich viele Menschen leiden in den USA diesen Sommer an starken Erkältungssymptomen, wie die «New York Times» berichtet.
Grund dafür ist der Lockdown: Wegen Social Distancing, den Masken und Hygienemassnahmen waren die Leute im Alltag weniger Viren ausgesetzt. Das regelmässige «Training» des Immunsystems fiel weg. Virologe Paul Skolnik erklärt gegenüber der Zeitung: «Häufiger Kontakt mit verschiedenen Krankheitserregern bereitet das Immunsystem darauf vor, auf diesen Erreger zu reagieren.»
Mehr Menschen gehen in der Schweiz zum Arzt
Ohne diese Belastung reagiere das Immunsystem möglicherweise langsamer und nicht vollständig. «Das führt zu einer grösseren Anfälligkeit für einige Infektionen und manchmal zu langwierigeren Symptomen», so Skolnik. Symptome kämen also nicht nur häufiger vor, sondern sind auch stärker und halten länger an.
Auch in der Schweiz gehen aktuell mehr Menschen mit Erkältungen zum Arzt. «In den letzten zwei bis drei Wochen hat die Anzahl Patienten mit Erkältungssymptomen in den Sprechstunden zugenommen», sagt Felix Huber, Verwaltungsrat bei der Medix zu Blick.
Das, nachdem im Winter diese Beschwerden kaum auftraten. Huber sieht neben der Erklärung des US-Virologen die gelockerte Maskenpflicht als Grund: «Masken schützen vor sämtlichen Viruserkrankungen nicht nur Corona.»
Zehnmal mehr Kinder krank
Aktuell kursiert in der Schweiz das Respiratorische-Synzytial-Virus, abgekürzt RS-Virus, das vor allem Kleinkinder betrifft. Sie konnten während des Lockdowns im Winter keinerlei Immunität aufbauen. Nun müssen immer mehr Kinder mit schlimmen Symptomen ins Spital.
Im Februar waren es gemäss der Pädiatrischen Infektiologie Gruppe Schweiz noch weniger als zehn Fälle pro Woche. Ende Juni waren es bis zu 115 Fälle pro Woche. (hah)