Elf neue Ansteckungen. So viele Corona-Infektionen verzeichnet China am heutigen Donnerstag. Seit Monatsbeginn variierte diese Zahl zwischen 7 und 20. Auch in den Wochen davor stieg sie kaum weiter an.
Ist das Virus im Ausbruchsland der weltweiten Pandemie beinahe besiegt? Hat die stille Impfkampagne was damit zu tun?
Letzte Testphase noch im Gange
Wie der «New Yorker» berichtet, soll nämlich Hunderttausenden Chinesen bereits vor einigen Wochen ein Impfstoff verabreicht worden sein. Obwohl die Tests der Phase 3 noch nicht abgeschlossen sind. Ein offiziell zugelassener Stoff ist also gar nicht frei auf dem Markt verfügbar.
Vier Kandidaten der chinesischen Pharmaunternehmen Sinovac, Sinopharm und CanSino stecken derzeit mitten in dieser letzten Stufe. Eine Zulassung des Impfstoffs ist für diesen Monat geplant, um Donald Trump zuvorzukommen.
In China besteht die Annahme, der US-Präsident würde kurz vor den Wahlen im November eine Zulassung erteilen. «Ihr Ziel ist es also, vorher einen Impfstoff zugelassen zu bekommen», sagte Yiwu He, der Leiter der Abteilung für Innovation an der Universität Hongkong zum «New Yorker».
Die Regierung in Peking wollte offenbar doch nicht bis Oktober warten und hat bereits im Sommer per Notverordnung grünes Licht für die ersten Tests an Kandidaten gegeben. Im September sagte ein Sinopharm-Angestellter, dass bereits 350'000 Impfdosen gespritzt wurden. Bei Sinovac seien zu diesem Zeitpunkt bereits rund 90 Prozent der Angestellten geimpft gewesen.
Keine Infos zu Nebenwirkungen
Bei den Personen handelt es sich nicht etwa um Probanden der klinischen Studie, sondern um ausgewählte Bevölkerungsgruppen. Dazu gehörten zunächst Menschen mit hohem Infektionsrisiko – also medizinisches Personal, Soldaten und die Polizei.
Mittlerweile haben auch Journalisten und Regierungsbeamte die experimentelle Zwei-Phasen-Impfung erhalten. Einige Wissenschaftler testen ihr eigenes Produkt an sich selbst, heisst es. Weitere Gruppen sollen folgen. So zum Beispiel Verkäufer, Busfahrer, Lehrer und Gefängniswärter.
Das verfrühte Impfen birgt Risiken. Unklar sei es beispielsweise, inwiefern die Personen nach der Impfung medizinisch begleitet werden.
Das Ziel der Impfkampagne sei es, «ausgewählte Bevölkerungsgruppen zu immunisieren, sodass es eine Garantie gibt, dass ganze Städte weiter funktionieren», begründete Zheng Zhongwei von der nationalen Gesundheitskommission das Vorgehen im chinesischen Staatsfernsehen. Über Nebenwirkungen sei nichts bekannt.
Wirksamkeit der Impfung unklar
Die Massenimpfungen werfen Fragen auf. Zum Beispiel lässt sich die Wirksamkeit des Stoffs kaum evaluieren. Weil die Fallzahlen in China derart tief sind, ist es schwierig, herauszufinden, ob der Impfstoff vor der Ansteckung tatsächlich schützt. Die chinesischen Unternehmen verlagern die Testreihen der Phase 3 daher ins Ausland. Unter anderem nach Peru, Saudi-Arabien, Brasilien oder die Türkei.
Die Chinesen scheinen jedoch grosses Vertrauen in die nationale Forschung zu haben. Der Kolumnist Kan Chai, der als Versuchskaninchen hinhielt, sagte, die grösste Gefahr sei es, dass der Impfstoff nicht wirke. Aber der Gesundheit werde er schon nicht schaden. Ihm gehe es gut, alles O. K. – genau wie er erwartet habe, zitiert ihn die «Tagesschau».
Auch VAE und Russland geben Impfstoffe frei
Neben den Chinesen haben auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) einen Corona-Impfstoff zur eingeschränkten Notfallverwendung freigegeben. Medizinisches Personal soll beispielsweise Zugang zur Impfung bekommen.
Russland hat ihren «Sputnik V» im August ebenfalls für die breite Bevölkerung freigeben. Auch hier war die letzte klinische Testphase 3 noch nicht zu Ende. (man)
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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