Die Russen haben ihren Impfstoff «Sputnik V» vor einem Monat für die Impfung der breiten Bevölkerung freigeben. Der von einem milliardenschweren russischen Staatsfonds finanzierte Sputnik V befindet sich aber erst seit dieser Woche in der letzten klinischen Testphase 3, an der 40'000 Personen teilnehmen sollen.
Das Zulassungsverfahren in Russland entspricht nicht internationalen Standards. Nach westlichem Massstab ist es ein Tabu, Impfstoffe zuzulassen, ohne alle Testresultate abzuwarten. Doch die Russen wollen durchstarten. Die Impfung ist denn auch nach den ersten sowjetischen Satelliten benannt.
Lieferverträge mit Lateinamerika
Mit Brasilien vereinbarten die Russen bereits, den Impfstoff für lateinamerikanische Länder zu produzieren. Mit Mexiko wurde die Lieferung von 32 Millionen Dosen vereinbart. Indien haben die Russen eine Lieferofferte gemacht.
Der Chef des Staatsfonds RDIF, Kirill Dmitriew (45), verteidigt die frühe Zulassung mit den sehr soliden Tests und Technologien. So seien sie etwa jenen des britisch-schwedischen Astra-Zeneca-Konzerns überlegen. Astra Zeneca habe seinen Impfstoff in den Testphasen 1 und 2 zwar über tausend Probanden verabreicht. Die zweite notwendige Dosis hätten aber nur zehn davon gekriegt. Sputnik V hingegen sei an 76 Probanden zwei Mal erfolgreich getestet worden.
Ein weiteres Argument: Sputnik V basiere auf derselben schon bei Ebola bewährten Vektortechnologie wie der Impfstoff der US Johnson & Johnson, bei dem ein Adenovirus als Transporter agiert. Doch für Sputnik V würden nicht nur ein, sondern zwei solche bewährten Adenovirenarten benutzt.
Auf der Impfkandidaten-Liste der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es allerdings keine Daten für die Testphase 2 von Sputnik V.
Auch die Chinesen sehen sich als Sieger
Die Chinesen wiederum sagen, dass vier der acht Impfstoffe auf der WHO-Liste, die sich bereits in der Testphase 3 befinden, aus China stammten. Bei den Impfstoffen der Firmen Sinovac und China National Biotec Group (CNBG) findet die letzte Testphase derzeit unter anderem in Serbien, Pakistan, Marokko und Argentinien statt.
Obwohl die Vakzine noch nicht fertig getestet sind, wurden sie in China unter einem Notprogramm bereits mehreren 10'000 Menschen verabreicht.
Gemäss der Nachrichtenagentur Reuters hat aber etwa Sinovac die Resultate der Phase 1 und 2 noch gar nicht vollständig veröffentlicht und wolle sie auch nicht herausgeben.