«Reformer gewinnt Präsidentschaftswahl», «Neue Akzente durch Peseschkian?», «Gemässigter Kandidat weckt Hoffnung».
Bei der Präsidentschaftswahl am 5. Juli im Iran hat sich der 69-jährige Herzchirurg und frühere Gesundheitsminister Massud Peseschkian durchgesetzt. Die Reaktionen in den westlichen Medien waren positiv, weil man sich eine Einhaltung der Menschenrechte sowie eine Entspannung in der Beziehung zum Westen erhofft. Blick erklärt, was die Wahl bedeutet – und was nur naive Hoffnungen sind.
Der ehemalige iranische Präsident Hassan Rohani (75) sieht mit Peseschkians Wahl auch die Gelegenheit zur Wiederaufnahme der Atomverhandlungen gekommen, zitierte die Zeitung «Shargh» den Ex-Regierungschef.
Peseschkian hatte sich in einer Stichwahl mit 53,7 Prozent der Stimmen gegen seinen ultrakonservativen Herausforderer Said Dschalili (58) durchgesetzt. Beobachter sehen den Sieg als Schlag für die konservative Führungselite und Erfolg für das relativ gemässigte reformistische Lager, das in den vergangenen Jahren von der Politik abgeschottet war.
«Es wird nichts passieren»
Gibts nun Frieden mit Israel? Fällt der Verhüllungszwang für Frauen?
Ali Safavi (70), Mitglied des iranischen Exil-Parlaments und des in Paris ansässigen Nationalen Widerstandsrates des Iran (NCRI), macht jede Hoffnung zunichte. Gegenüber Blick sagt er: «Es wird nichts passieren.»
Was das Atomprogramm betreffe, sei dies ausschliesslich Sache des Obersten Führers Ali Chamenei (85) – der Präsident agiere da nur als Funktionär. Und zur Kleiderordnung für Frauen sagt Safavi: «Peseschkian prahlte während seines Wahlkampfes damit, dass er noch vor der Regierung strenge Richtlinien erlassen und den Schleier für Frauen durchgesetzt habe – nicht nur an den Universitäten, sondern auch in Krankenhäusern.»
Peseschkian hat auch den Terrormilizen Hamas und Hisbollah seine Unterstützung zugesagt. Den berüchtigten Kommandeur der zur Revolutionsgarde gehörenden Quds-Truppe, Qasem Suleimani (†62), den die USA 2020 per Drohnenangriff töteten, bezeichnete er als den Stolz Irans und als Nationalhelden.
Die Forderungen des Widerstands
Einen Fortschritt sehe Safavi erst, wenn folgende Forderungen des NCRI erfüllt seien:
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Aufhebung der Hidschab-Pflicht und Auflösung aller Patrouillen, die Frauen unterdrücken
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Freilassung aller politischen Gefangenen und Zulassung von internationalen Untersuchungskommissionen
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Abschaffung der Todesstrafe und Folter wie Auspeitschen, Amputationen und das Ausstechen von Augen
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Aufhebung der Internetbeschränkungen und der Zensur
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Entfernung der Vertreter des Obersten Führers aus den Universitäten
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Auflösung der sogenannten Revolutionsgerichte des Regimes
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Beendigung der Kriegspolitik und der Unterstützung der Stellvertretergruppen des Regimes
Wer auch immer in irgendein Amt auf irgendeiner Ebene im Iran gewählt werde, müsse zum Obersten Führer seine aufrichtige Treue unter Beweis stellen, sagt Safavi. Und er bilanziert: «Massud Peseschkian ist da nicht anders. Er ist aus demselben Holz geschnitzt wie alle seine Vorgänger. Er hat öffentlich gesagt, dass er dem Obersten Führer treu ergeben sei.»