Niederlande ermitteln gegen Sterbehilfe-Organisation
33 Todesfälle durch mysteriöses Pulver

Billig und schmerzfrei: Mit diesem Slogan wirbt eine niederländische Sterbehilfe-Organisation für ihre tödliche «Substanz X». Nun ist die Genossenschaft in den Fokus der Staatsanwaltschaft geraten, die viele Todesfälle unter die Lupe nimmt.
Publiziert: 28.10.2021 um 14:24 Uhr
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Aktualisiert: 28.10.2021 um 15:26 Uhr
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In den Niederlanden ist Sterbehilfe erlaubt, aber nur unter strengen Kriterien.
Foto: Getty Images

Die niederländischen Behörden untersuchen 33 Todesfälle, bei denen ein mysteriöses Pulver zum Einsatz gekommen sein soll. Bei dieser Substanz handelt es sich laut Staatsanwaltschaft um ein «Suizid-Pulver», das von der Cooperative Last Will (Genossenschaft Letzter Wille) vertrieben wird.

Vermutlich haben noch viel mehr Leute das tödliche Mittel eingenommen, das als «Substanz X» bezeichnet wird. Mitglieder der Vereinigung sagten gegenüber Medien, dass sie die Substanz an über hundert Personen verkauft hätten.

Die Genossenschaft, die das Präparat seit 2018 als billige und schmerzfreie Sterbemethode anpreist, ist in den Augen der Staatsanwaltschaft eine kriminelle Organisation, die illegale Beihilfe zum Suizid leistet.

Auch wegen Geldwäscherei angeklagt

Die Staatsanwaltschaft hat ein 28-jähriges Mitglied der Genossenschaft wegen illegaler Medikamentenabgabe und Geldwäscherei angeklagt. Auch eine Anklage wegen illegaler Beihilfe zum Suizid wird erwartet.

Bart Vaessen, Sprecher der Staatsanwaltschaft, sagte: «Wir ermitteln in 33 Fällen, in denen die Substanz X an Personen verkauft worden ist, die später starben. In 15 dieser Fälle wurde festgestellt, dass sie an der Einnahme der Substanz X starben.»

Begleiteter Suizid ist in den Niederlanden unter sehr strengen Bedingungen und unter Aufsicht von medizinischem Fachpersonal legal. Die Beihilfe zum Suizid oder das Bereitstellen eines Mittels ausserhalb der strengen Regeln wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft.

Die Mitglieder der Organisation beteuern, dass sie immer im Rahmen des strengen Gesetzes gehandelt hätten.

Strenges Sterbehilfe-Gesetz

Die Niederlande haben aktive Sterbehilfe als erstes Land weltweit legalisiert. Die Ärzte haben sich dabei an folgende Kriterien zu halten, um sich nicht strafbar zu machen:

  • Der Wunsch des Patienten für Sterbehilfe ist wohlüberlegt und absolut freiwillig.

  • Wenn der Patient seinen Willen nicht mehr äussern kann, muss der Patient seinen Sterbenswunsch vorher (bei Geschäftsfähigkeit) schriftlich festgelegt haben.

  • Der Zustand des Patienten ist aussichtslos und sein Leiden unerträglich.

  • Der Arzt hat den Patienten umfassend über die Situation und medizinische Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt.

  • Der Arzt und der Patient sind beide der Meinung, dass diese Behandlungsmöglichkeiten keine annehmbaren Lösungen für die Situation des Patienten sind.

  • Der behandelnde Arzt kontaktiert mindestens einen weiteren und unabhängigen Arzt, der den Patienten untersucht und zu den Kriterien 1-4 eine schriftliche Stellungnahme erstellt.

  • Die Sterbehilfe erfolgt mit der «gebotenen Sorgfalt».

In den Niederlanden können auch Minderjährige ab 12 Jahren um aktive Sterbehilfe oder Hilfe zur Selbsttötung bitten. Bis zum Alter von 15 Jahren müssen Eltern oder Erziehungsberechtigte dem Wunsch Ihres Kindes zustimmen. 16- und 17-Jährige können selbständig entscheiden. (gf)


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