Krankheit und Tod sind unangenehme Themen. Doch die Corona-Pandemie hat nicht nur bei den über 65-Jährigen Ängste ausgelöst. Was, wenn man selbst als Patient oder Patientin auf der Intensivstation liegt? Und was, wenn man nicht mehr in der Lage ist, bei der eigenen Behandlung mitzureden?
Mit einer Patientenverfügung kann man seinen Willen festhalten für den Fall, selbst urteilsunfähig zu sein. Zum Beispiel, ob man bei Hirntod weiterhin beatmet werden will.
FDP-Nationalrat Marcel Dobler (39) setzt sich politisch für die Förderung von Patientenverfügungen ein. Und er will die Anreize dafür erhöhen. Er schlägt vor, dass Krankenkassen Prämienrabatte gewähren dürfen, sollten Versicherungsnehmer eine Patientenverfügung ausfüllen, oder dass die Grundversicherung zumindest die Beratungskosten übernimmt. Eine heikle Debatte.
Die BLICK-Community hat uns Fragen zum Thema geschickt. Eine Auswahl der Leserfragen beantwortet Annina Spirig, Fachverantwortliche für das Vorsorgedossier bei Pro Senectute Schweiz.
Frage von Janine: Wie gehe ich am besten vor, wenn ich eine Patientenverfügung erstellen möchte?
Wir empfehlen Ihnen, eine Vorlage für die Patientenverfügung zu bestellen und die Fragen erstmals auf sich wirken zu lassen. Bei der Erstellung einer solchen Verfügung durchleben viele Menschen einen persönlichen Prozess, in dem man sich mit den tiefgreifenden Themen von Leben und Tod auseinandersetzt. Dabei helfen Gespräche mit engsten Vertrauten oder auch eine Sprechstunde bei der Hausärztin oder beim Hausarzt. Zudem bieten diverse Organisationen, unter anderem auch Pro Senectute, Beratungsgespräche an, die dabei helfen, die wichtigsten Werte und Wünsche selbstbestimmt festzuhalten. Dies alles hilft, um für sich selbst Klarheit zu schaffen und seinen persönlichen Willen entsprechend auf dem Formular niederzuschreiben.
Frage von Urs: Gibt es Vorlagen für die Patientenverfügung, die ich auf dem Computer weiterbearbeiten kann?
Es gibt Organisationen – beispielsweise das Schweizerische Rote Kreuz oder die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH – welche solche Vorlagen anbieten, die man direkt am Computer weiterbearbeiten kann. Pro Senectute bietet die Patientenverfügung vorerst im Rahmen des Vorsorgedossier «Docupass» in Papierform an. Wir fassen die persönliche Vorsorge hier etwas weiter, indem man mit dem Vorsorgeauftrag noch weitere Aspekte selbstbestimmt regeln kann.
Frage von Jacqueline: Mit wem soll ich meine Patientenverfügung verfassen, damit alles medizinisch und juristisch korrekt ist, Arzt oder Jurist?
Die meisten Anbietenden von Patientenverfügungen – auch Pro Senectute – bieten Beratungen an. Wir empfehlen Ihnen eine solche Beratung in Anspruch zu nehmen, um den Inhalt Ihrer Patientenverfügung auf Korrektheit und Nachvollziehbarkeit prüfen zu lassen.
Wenn Sie spezifisch medizinische Fragen haben, macht es Sinn, diese mit Ihrer medizinischen Vertrauensperson zu besprechen.
Frage von Martina: Wie viel kostet eine Patientenverfügung?
Das Erstellen einer Patientenverfügung ist grundsätzlich kostenlos. Da sich die formellen Vorschriften auf das Datieren und Signieren des Dokuments beschränken, können Sie Ihre Patientenverfügung grundsätzlich auf einem leeren Blatt Papier formulieren.
Jedoch ist es für die meisten Personen hilfreich, sich an einer bestehenden Vorlage zu orientieren. Hierfür gibt es verschiedene Anbietende. Pro Senectute bietet eine solche Vorlage beispielsweise als Bestandteil eines umfassenden Vorsorgedossiers an, inklusive einer Wegleitung. Das kostet 19 Franken.
Frage von Jacqueline: Man liest immer wieder, dass Formulare nur zum Ankreuzen der Fragen nicht ausreichen im Notfall. Wie umfassend muss ich verschiedene Diagnosen beschreiben, damit in allen möglichen Szenarien hundert Prozent mein Wille respektiert wird und keine Fragen offenbleiben?
Nur das blosse Ankreuzen der Fragen hinterlässt tatsächlich einen Interpretationsspielraum. Um allfälligen Fragen entgegenzuwirken ist es nötig, mit der vertretungsberechtigten Person, Angehörigen und der medizinischen Vertrauensperson die Inhalte der erstellten Patientenverfügung zu besprechen.
Zudem empfehlen wir zusätzlich zum Ankreuzen der Fragen auf einem separaten Blatt eine Werteerklärung zu erstellen. In dieser setzen sie sich mit folgenden Fragen auseinander: Was macht mein Leben heute lebenswert? Was sind meine persönlichen Einstellungen gegenüber Krankheit und Tod? Wie stelle ich mich zum Thema Lebensverlängerung und Beschwerdelinderung?
Die geführten Gespräche und die vorliegende Werterklärung werden der von Ihnen ernannten Vertretungsperson und dem medizinischen Personal im entscheidenden Moment helfen, die Ihrem Willen zugrundeliegenden Entscheidungen zu treffen.
Frage von Hans und Georg: Wo sollte ich eine Verfügung hinterlegen? Ist es sinnvoll, eine beim Hausarzt, eine im Auto und eine in der Wohnung zu haben?
Ihre Patientenverfügung sollte für Ihre Angehörigen im Ernstfall schnell greifbar sein. Wählen Sie deshalb für die Hinterlegung des Originals einen leicht zugänglichen Ort und informieren Sie Ihre vertretungsberechtigte Person darüber. Zusätzlich lohnt es sich, je eine Kopie Ihrer ärztlichen Vertrauensperson und der vertretungsberechtigten Person auszuhändigen.
Frage von Peter: Macht es Sinn, die Patientenverfügung bei der Krankenkasse zu hinterlegen?
Es ist grundsätzlich möglich, die Information, dass man eine Patientenverfügung erstellt hat sowie deren Hinterlegungsort, auf der Versichertenkarte speichern zu lassen. Das gesamte Dokument jedoch hinterlegt man nicht bei der Krankenkasse.
Die Patientenverfügung muss im entscheidenden Moment schnell zuhanden sein. Wir empfehlen – nebst der Kopie an die vertretungsberechtigte Person – einen Vorsorgeausweis im Portemonnaie zu tragen. Dieser macht den behandelnden Arzt darauf aufmerksam, dass Sie eine Patientenverfügung verfasst haben und wo sie hinterlegt ist.
Frage von Jannick: Zu welchem Zeitpunkt sollte man eine Patientenverfügung erstellen? Wenn man eine schwere Diagnose hat? Oder ist es sinnvoll, das zu tun, wenn man gesund und fit ist?
Da wir alle nicht wissen, welche Wendungen das Leben nimmt, ist es im Erwachsenenalter nie zu früh, eine Patientenverfügung zu erstellen und sich frühzeitig mit den Fragen von Leben und Tod auseinanderzusetzen.
Frage von Beatrice: Ist eine schriftliche Patientenverfügung wirklich nötig? Ich habe gehört, dass ich das auch mündlich mit meinem Hausarzt oder einem Familienmitglied absprechen kann.
Die schriftliche Patientenverfügung ist nötig, damit auch Dritte von Ihrem selbstbestimmten Willen im Falle einer Urteilsunfähigkeit in Kenntnis gesetzt werden können. Doch genauso wichtig ist, dass Sie mit Ihrer vertretungsberechtigen Person, Ihren Angehörigen und Ihrer medizinischen Vertrauensperson darüber sprechen.