Verwahrter Vergewaltiger möchte begleiteten Suizid
Darf ein Häftling mit Exit sterben?

Ein lebenslang Verwahrter bittet die Sterbehilfe-Organisation um Suizid-Hilfe. Seine Chancen stehen gering. Diskussionen löst der Fall trotzdem aus.
Publiziert: 16.08.2018 um 21:19 Uhr
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Aktualisiert: 24.07.2020 um 10:38 Uhr
Mit dem Sterbemittel Natrium-Pentobarbital arbeitet die Organisation Exit. (Archiv)
Foto: ALESSANDRO DELLA BELLA

Es ist eine Frage, die in der Zukunft noch öfters gestellt werden wird. Dürfen lebenslang Verwahrte in der Schweiz begleitete Sterbehilfe in Anspruch nehmen?

Wie die «Weltwoche» berichtet, beschäftigt sich die Strafanstald Bostadel mit einem solchen Fall. Der lebenslang verwahrte Peter V. (68) bittet Exit um Beihilfe beim Freitod.

In einem Brief an die Sterbehilfe-Organisation steht laut dem Magazin: «Seit Jahren wird mir von sogenannten ‹namhaften› Forensikern, ob zu Recht oder aus Feigheit, eine schwere und nicht therapierbare psychische Störung diagnostiziert.» Der daraus resultierende «Verlust an Lebensqualität» habe für ihn «das Mass des Erträglichen» überschritten.

Zudem habe V. die Hoffnung auf Entlassung aus der Verwahrung schon lange verloren – auch das spiele beim Todeswunsch eine Rolle. Das «Leben ist nicht mehr lebenswert», schreibt der Insasse und spricht von «Psychofolter».

Liegt bei V. eine «hoffnungslose Prognose» vor?

Seit 1996 sitzt V. hinter Gittern. Er wurde davor bereits viermal für mehrere Jahre verwahrt, kam immer wieder auf freien Fuss, wurde immer wieder rückfällig. Zum ersten Mal vor dem Richter stand er mit 21 Jahren, weil er ein siebenjähriges Mädchen sexuell missbraucht hatte. Es folgten mehrere Verurteilungen wegen Vergewaltigungen, Gefährdung des Lebens und Körperverletzung mit insgesamt mehr als zehn oft minderjährigen Opfern, schreibt die «Weltwoche».

Heute möchte der 68-Jährige mit seinem Leben abschliessen, dafür hätte er gerne Hilfe von einer Organisation. Für einen Suizid mit Exit oder Dignitas müssen aber zwingende Voraussetzungen erfüllt werden, die bei V. wohl aber nicht vorhanden sind.

So darf eine Freitodbegleitung nur Menschen mit hoffnungsloser Prognose oder mit unerträglichen Beschwerden oder einer unzumutbaren Behinderung gewährt werden. In seltenen Ausnahme wird auch eine schwere, untherapierbare psychische Krankheit als Motiv akzeptiert.

Exit nimmt Brief ernst

Dennoch schliesst etwa die JVA Lenzburg Sterbebegleitungen nicht grundsätzlich aus. «Bis heute wurden wir zwar noch nie mit einem konkreten Fall konfrontiert», sagt Direktor Marcel Ruf zur «Weltwoche». «Aber wenn ein solcher eintreffen sollte und der Insasse sämtliche vorausgesetzten Kriterien für eine Freitodbegleitung erfüllt, stehen wir einem selbstbestimmten Suizidwunsch durchaus positiv gegenüber».

Exit schreibt im Antwortbrief an den Verwahrten, das sie das Anliegen zwar «sehr ernst» nehmen, man wolle aber die rechtlichen und ethischen Fragen vertieft abklären, zumal in Anbetracht der Verwahrung «besondere Umstände» vorliegen. (aho)

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