«Ich will meine Frau endlich erlösen»
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Sterbehilfe für Demenzkranke:«Ich will meine Frau endlich erlösen»

Roger Bregnard (70) kämpft dafür, dass seine demenzkranke Christine (73) sterben darf
«Ich will meine Frau endlich erlösen»

Seit 2015 ist Christine Bregnard (73) dement. Nun lebt die ehemalige Psychologin im Heim. Laut ihrem Ehemann Roger Bregnard (70) fristet sie dort ein trauriges Dasein. Doch Sterbehilfe bleibt der Patientin verwehrt – zum Unverständnis ihres Gatten.
Publiziert: 11.01.2021 um 01:56 Uhr
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Seit rund fünf Jahren ist in der Familie Bregnard nichts mehr so, wie es einmal war.
Foto: Luisa Ita
Luisa Ita

Völlig niedergeschmettert hält Roger Bregnard (70) ein Bild seiner grossen Liebe in der Hand. Seit gut 35 Jahren sind er und Christine Bregnard (73) ein Herz und eine Seele. Einem Mädchen haben sie das Licht der Welt geschenkt und ihr Leben lang hart gearbeitet.

Doch seit fünf Jahren ist nichts mehr so, wie es einmal war. Roger Bregnards geliebte Christine leidet an Demenz. Ihr grösster Wunsch, das weiss er: «In Frieden und ohne Schmerzen von dieser Welt zu gehen.» Doch da gibt es ein Problem. «Meine Christine ist leider nicht mehr urteilsfähig», so der Rentner den Tränen nah. Mehrere Sterbehilfeorganisationen hätten abgelehnt, dem Paar aus Bremgarten BE zu helfen.

«So ein Leben hätte sie nie gewollt»

Bregnard: «Uns hilft niemand. So sagt es das Gesetz.» Er ist überzeugt: «Meine Frau leidet, und ich will sie endlich erlösen.» Seine Gattin im Heim zu besuchen, erträgt er nicht mehr. Die pensionierte Psychologin spreche nicht mehr, sei oft traurig. Ob er mit ihr spreche oder nicht, Reaktion komme keine mehr von ihr: «Sie lächelt nicht einmal mehr. So ein Leben hätte sie nie gewollt.»

Für Sterbehilfe war es schon zu spät

Als die Demenz vor fünf Jahren eingesetzt hatte, wendete sich das Paar sofort an diverse Sterbehilfeorganisationen. Mit dabei: Die handschriftliche Patientenverfügung. Darin hatte die Rentnerin bestätigt, dass sie bei einer unheilbaren Erkrankung starke Schmerzmedikamente wolle – auch wenn diese den Eintritt des Todes beschleunigen würden.

Zu spät. «Christine hat einmal in einer Sprechstunde gesagt, dass sie sich umbringen wolle. Dann sagte sie aber wieder, sie sei zufrieden», erklärt Bregnard. So hätten ihr die Ärzte fehlende Urteilsfähigkeit attestiert, die für die legale Beihilfe zum Suizid zwingend vorhanden sein muss.

Sterbehilfe in der Schweiz

In der Schweiz haben Menschen das Recht, Art und Zeitpunkt ihres Sterbens zu bestimmen. Doch für eine Freitodbegleitung müssen laut der Sterbehilfeorganisation Exit diverse Voraussetzungen erfüllt sein, ansonsten ist sie illegal und kann juristisch geahndet werden.

Die sterbewillige Person muss urteilsfähig sein. Das heisst: Sie muss wissen, was sie tut. Der Sterbewunsch muss wohlerwogen und über eine längere Zeit vorhanden sein. Eine Freitodbegleitung soll nicht das Resultat einer momentanen depressiven Verstimmung oder Krise sein.

Weiter muss sich ein Mensch selbst dazu entscheiden, sterben zu wollen. Er darf nicht von Aussenstehenden dazu gedrängt werden. Die letzte Voraussetzung ist, dass die Person den Suizid eigenhändig ausführt und so die Tatherrschaft innehat.

Laut dem Bundesamt für Justiz arbeiten Organisationen wie Exit im Rahmen dieses Gesetzes. Sie machen sich nicht strafbar, solange ihnen keine selbstsüchtigen Motive vorgeworfen werden könnten. Bei einem Verstoss gegen das Gesetz drohen den Sterbehelfern mehrjährige Gefängnisstrafen.

In der Schweiz haben Menschen das Recht, Art und Zeitpunkt ihres Sterbens zu bestimmen. Doch für eine Freitodbegleitung müssen laut der Sterbehilfeorganisation Exit diverse Voraussetzungen erfüllt sein, ansonsten ist sie illegal und kann juristisch geahndet werden.

Die sterbewillige Person muss urteilsfähig sein. Das heisst: Sie muss wissen, was sie tut. Der Sterbewunsch muss wohlerwogen und über eine längere Zeit vorhanden sein. Eine Freitodbegleitung soll nicht das Resultat einer momentanen depressiven Verstimmung oder Krise sein.

Weiter muss sich ein Mensch selbst dazu entscheiden, sterben zu wollen. Er darf nicht von Aussenstehenden dazu gedrängt werden. Die letzte Voraussetzung ist, dass die Person den Suizid eigenhändig ausführt und so die Tatherrschaft innehat.

Laut dem Bundesamt für Justiz arbeiten Organisationen wie Exit im Rahmen dieses Gesetzes. Sie machen sich nicht strafbar, solange ihnen keine selbstsüchtigen Motive vorgeworfen werden könnten. Bei einem Verstoss gegen das Gesetz drohen den Sterbehelfern mehrjährige Gefängnisstrafen.

«Ich töte niemanden»

Kann Christine Bregnard also nicht erlöst werden? Die bekannte Sterbehelferin Erika Preisig spricht von ernsthaften Konsequenzen, die ihr bei einer solchen Freitodbegleitung drohen würden. Auch wenn sie der Kranken gerne ihren letzten Willen erfüllen würde, betont sie: «Ich töte niemanden.»

Der Mensch müsse sich das tödliche Medikament selbst verabreichen können und so die Verantwortung für sein Handeln übernehmen – für urteilsunfähige Demenzkranke unmöglich.

Das sogenannte «Sterbefasten» sieht sie als eine der einzigen Möglichkeiten. Preisig: «Wenn Frau Bregnard volldement ist, vergisst sie zu essen, da sie Hunger und Durst nicht mehr einordnen kann. Man dürfte sie nicht füttern, ihr nur Essen anbieten.» Das erscheine zwar hart, sei aber bei einer Demenz eigentlich der natürliche Verlauf.

Braucht es eine Gesetzesänderung?

Roger Bregnard fordert nun eine Gesetzesänderung, damit eine legale Freitodbegleitung auch in solchen Fällen möglich wäre: «Ansonsten ist eine Patientenverfügung ja für nichts, wenn diese im Falle einer Urteilsunfähigkeit nicht mehr gültig ist.»

Seine Frau und seine Familie litten unter der Situation: «Ich kann so einfach nicht abschliessen.

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