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Neue Enthüllungen zeigen
Diese 22 Soldaten stecken hinter den Morden an Zivilisten in Butscha

Das Massaker von Butscha hat die Welt erschüttert. Nun kommen neue Details ans Licht – und es wird immer klarer, wer dahinter steckt.
Publiziert: 23.12.2022 um 18:20 Uhr
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Aktualisiert: 23.12.2022 um 20:08 Uhr
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Das sind die Opfer der Jablunska-Strasse in Butscha.
Foto: NEW YORK TIMES
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Sie kamen im März, gingen im April und hinterliessen ein Blutbad. Die russischen Soldaten töteten in der ukrainischen Stadt Butscha über 450 Personen – ein Grossteil davon waren Zivilisten. Neue Enthüllungen der «New York Times» zeigen nun, wie kalkuliert die Truppen vorgingen – und welche Einheit dahintersteckt.

Das ausgewertete Material zeigt mit erschreckender Genauigkeit, wie brutal und kalkuliert die Soldaten der 234. Schützendivision vorgegangen sind. Eine Übersicht.

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Wer steckt hinter der 234. Schützendivision?

Die 234. Schützendivision, eine Fallschirmjägereinheit, erreichte die Jablunska-Strasse in Butscha am 4. März. Die Soldaten verhörten und exekutierten unbewaffnete Männer im kampffähigen Alter. Sie töteten Dutzende Menschen, die ihnen über den Weg liefen – seien es Kinder, die mit ihren Familien auf der Flucht waren, Einheimische, die auf der Suche nach Lebensmitteln waren, oder Menschen, die einfach nur mit dem Velo nach Hause wollten. So die Recherche-Ergebnisse der Zeitung. Russische Truppen verwandelten die ruhige Vorortstrasse in das, was die Anwohner heute als «Strasse des Todes» bezeichnen.

Fallschirmjägereinheiten wie diese gehören zu den am besten ausgebildeten und ausgerüsteten Einheiten des russischen Militärs. Zu den Beweisen für die Beteiligung der 234. gehören militärische Ausrüstung, Uniformabzeichen, Überwachungskameras, Funkverkehr und Packzettel auf Munitionskisten. Das umgekehrte Dreieck, das auf vielen Panzern zu sehen war, steht für diese Division.

Wie wurde bewiesen, dass sie schuldig sind?

Einwohner von Butscha berichteten der Zeitung, dass russische Soldaten bei Verhören häufig ihre Telefone beschlagnahmten. Es zeigte sich ein erschreckendes Muster: Soldaten benutzten routinemässig die Telefone der zivilen Opfer, um nach Russland zu telefonieren, oft nur Stunden nach ihrer Ermordung.

Durch die Analyse der von den russischen Soldaten gewählten Telefonnummern und die Aufdeckung von Social-Media-Profilen ihrer Familienangehörigen konnte «NYT» die Identität von zwei Dutzend Fallschirmjägern als Angehörige des 234. Regimentes bestätigen und diese befragen.

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Wie konnte es dazu kommen?

Die Opfer in der Jablunska-Strasse starben weder im Kreuzfeuer zwischen russischen und ukrainischen Streitkräften, noch wurden sie versehentlich erschossen. Die Untersuchung zeigt, dass die russischen Truppen sie absichtlich töteten, offenbar im Rahmen einer systematischen «Säuberungsaktion», um den Weg nach Kiew zu sichern.

Hochrangige Offiziere der Einheit waren während der gesamten Besetzung von Butscha vor Ort, erlebten die Hinrichtung der Zivilisten hautnah mit und unternahmen nichts. Oberstleutnant Artjom G.*, der Regimentskommandeur des 234. Regiments, beaufsichtigte die Operationen in Butscha. Auch weitere hochrangige Militärs waren zugegen.

Für die amerikanische Zeitung ist klar: Es gab Versäumnisse in der Befehlskette, ohne welche Dutzende Zivilisten hätten gerettet werden können. Das russische Verteidigungsministerium und die russische Botschaft in Washington reagierten nicht auf eine Anfrage der Zeitung.

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