Gänge voller Leichen in Nordostchina. Dicht an dicht liegen Corona-Patienten in einem Zimmer, manche gar auf dem Boden. Alle sind an Beatmungsgeräte angeschlossen.
Videos, die vom Epidemiologen Eric Feigl-Ding (39) am Montag auf Twitter geteilt wurden, verdeutlichen den Corona-Horror in Chinas Spitälern. «Das ist erst der Anfang», schreibt der Wissenschaftler dazu und warnt vor Millionen von Toten.
Nach der abrupten Kehrtwende der chinesischen Führung von ihrer früheren strikten Null-Covid-Politik sind die Infektionszahlen im Reich der Mitte explodiert. Trotz der steigenden Infektionszahlen halten die Behörden an der Aufhebung der Beschränkungen fest. Vorbei sind die Zeiten, als Menschen in staatliche Quarantäne-Einrichtungen umziehen mussten.
Teststellen mussten umgewandelt werden
Auf die Welle von Corona-Fällen ist China jedoch schlecht vorbereitet: Den unterfinanzierten Spitälern fehlen die Kapazitäten, um eine grosse Zahl von Patienten aufzunehmen. Ausserdem sind Millionen ältere Menschen noch immer nicht vollständig gegen das Coronavirus geimpft.
Selbst wenn eine Impfkampagne sofort beginnen würde, würde das die massive Corona-Welle nicht sofort stoppen. Die in China verfügbaren Vakzine benötigen bis zu vier Wochen, bis sie ihre Wirkung entfalten. Ausländische Covid-Impfstoffe sind nicht zugelassen. Einen chinesischen mRNA-Impfstoff namens «Awcorna» gibt es zwar, dieser hat jedoch im eigenen Land noch keine Zulassung erhalten und wird bislang nur in Indonesien verimpft.
Mit Corona-Symptomen zur Arbeit
In der Stadt Suzhou im Osten des Landes haben die Behörden staatlichen Medien zufolge in aller Eile Teststellen in behelfsmässige Stationen für die Fieberbehandlung umgewandelt. Andere Städte, darunter die Hauptstadt Peking, haben laut Medienberichten an einige Einwohner kostenlose medizinische Kits verteilt und die Patienten aufgefordert, sich online beraten zu lassen, anstatt ein Spital aufzusuchen.
Drei Jahre Pandemie
In einer der grössten Städte Chinas können Menschen im Zuge des Öffnungskurses auch mit Corona-Symptomen nun erstmals wieder «ganz normal» zur Arbeit gehen. «Leicht symptomatische» Angestellte der Regierung, der Partei und des Staates in der 32-Millionen-Einwohner-Stadt Chongqing im Süden des Landes könnten «nach persönlichen Schutzmassnahmen entsprechend ihrer körperlichen Verfassung und den Erfordernissen ihrer Arbeit ganz normal arbeiten», berichtete die Zeitung «Chongqing Daily» am Montag unter Berufung auf eine Mitteilung der städtischen Behörden.
Ausserdem wurden die Einwohner aufgefordert, sich nicht «unnötigerweise» einem Test zu unterziehen. Auch ein negatives Testergebnis muss demnach nicht mehr vorgelegt werden. Ausnahmen würden lediglich für bestimmte Einrichtungen wie Pflegeheime, Schulen und Gefängnisse gelten.
Chinas Null-Covid-Politik ist Geschichte
Auch in der östlichen Provinz Zhejiang, einem wichtigen Wirtschaftszentrum mit mehr als 60 Millionen Einwohnern, hiess es am Sonntag, dass Menschen mit leichten Symptomen bei Bedarf «weiterarbeiten können, sofern sie persönliche Schutzmassnahmen ergreifen».
Was passiert gerade in China?
Die Volksrepublik hatte Mitte Dezember nach landesweiten Protesten sowie einem Einbruch des Aussenhandels im November mit einer Abkehr von der Null-Covid-Politik begonnen. Landesweit wurden zunächst Quarantäneregeln und Testpflichten gelockert oder sogar abgeschafft und die Massenabriegelungen beendet.
Kurz darauf kündigten die Behörden zudem das Ende der staatlichen Corona-App an, die zweieinhalb Jahre lang die Bewegungsfreiheit der Menschen stark eingeschränkt hatte. Die plötzliche Öffnung scheint sich nun zu rächen. (nad/AFP)