Nach den Chaos-Wochen in Merkels CDU steigen die Chancen der Grünen auf einen Wahlsieg im September plötzlich gewaltig. Laut jüngsten Umfragen steht die aufstrebende Partei nun plötzlich auf Platz eins – erstmals und mit Abstand!
Im RTL-Trendbarometer kommen die Grünen auf 28 Prozent, die Union von CDU/CSU sackte innerhalb einer Woche um sechs Punkte auf 21 Prozent ab. Die einst starke SPD (13) versinkt fast in der Bedeutungslosigkeit und ist praktisch gleichauf mit der zulegenden FDP (12). Der Wert der rechten AfD bleibt unverändert (11).
Auch die Kanzlerkandidatin der Grünen stösst zurzeit auf grosse Unterstützung. Selbst bei Führungskräften. Bei einer Erhebung des Umfrageinstituts Civey bei 1500 Chefinnen und Chefs steht Annalena Baerbock (40) mit 26,5 Prozent klar vorne.
Auf Rang zwei folgt nicht einmal der Kanzlerkandidat von CDU/CSU, Armin Laschet (60), sondern FDP-Chef Christian Lindner (42) mit 16,2 Prozent. Laschet erreicht in den Umfragen mit 14,3 Prozent nur den dritten Platz.
Angst vor den Grünen
Verständlich, dass innerhalb der Union nun Panik herrscht. Die Angst ist gross, dass man bei den Wahlen den Grünen das Feld überlassen muss. Zurzeit wird eine Koalition von Grünen, SPD sowie FDP als mögliche Variante gehandelt. Deutschland erführe einen Paradigmenwechsel.
Vor allem im Osten ist die Parteibasis immer noch verärgert darüber, dass die CDU-Spitze Armin Laschet und nicht den viel populäreren bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (54) als Kanzlerkandidaten ins Rennen schickt.
Regional wollen daher CDU-Landesparteien mit Söder Wahlwerbung betreiben. Sven Schulze (41) etwa, CDU-Landeschef von Sachsen-Anhalt, sagt in der «Bild»-Zeitung: «Ich werde Markus Söder einen Brief schicken und ihn bitten, dass auch er uns im Wahlkampf unterstützt.»
Umfragen nur Momentaufnahme
Nach Laschets Nomination erfasst die CDU auch eine Austrittswelle. Selbst langjährige Mitglieder verlassen die Partei aus Wut. Gegenüber der «Bild»-Zeitung sagt ein Abgeordneter: «Ich habe das noch nie erlebt. Weder bei der Flüchtlingskrise, noch bei der Euro-Rettung oder der Merz-Nichtwahl von 2018 und 2021.»
Die Deutschen wählen ihr Parlament und Merkels Nachfolger am 26. September. Noch ist für die Union überhaupt nichts verloren. Vor allem werden die Umfragen angezweifelt. Gegenüber Blick sagt der deutsche Historiker Andreas Rödder (53), der selber CDU-Mitglied ist: «Es tut der öffentlichen Debatte nicht gut, wenn eine Umfrage nach der anderen rausgeballert wird, wobei man nie weiss, wie tendenziös die Fragen und wie seriös die Erhebungen sind.»
Er attestiert Laschet einen langen Atem. «Es hat immer wieder so ausgesehen, als läge er chancenlos zurück, und dann hat er doch gewonnen. Er hat daher nach dem schweren Start der Kanzlerkandidatur einen Vorteil: Er kann nur gewinnen.»