Militär-Experte Mauro Mantovani befürchtet jetzt eine noch härtere Gangart der Russen
«Ein Wendepunkt im Sinne einer klaren Eskalation»

Neue Drohungen aus dem Kreml, militärischer Nachschub aus dem Westen: Der Krieg in der Ukraine ist an einem Wendepunkt angelangt. Militär-Experte Mauro Mantovani erklärt, was das bedeuten könnte.
Publiziert: 28.04.2022 um 00:16 Uhr
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Aktualisiert: 28.04.2022 um 11:00 Uhr
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Im Osten schiessen die Ukrainer mit BM-21-Raketen auf russische Stellungen.
Foto: AFP
Guido Felder

Der Krieg in der Ukraine nimmt eine neue Wendung. Keine gute. Es deutet alles darauf hin, dass sich die Lage weiter verschärfen und es zu neuen Gräueltaten kommen wird.

So sagt Militär-Experte Mauro Mantovani (58) gegenüber Blick: «Die Ereignisse der letzten Tage kann man als Wendepunkt im Sinne einer klaren Eskalation zwischen Russland und dem Westen bezeichnen.»

Die Anzeichen:

  • Oligarchen machen offenbar Druck auf Putin, dass er endlich den totalen Krieg gegen die Ukraine starten solle.

  • Das russische Verteidigungsministerium droht mit Bombenangriffen auf westliche Politiker, die in die Ukraine reisen.

  • Am Montag gab es Anschläge im moldawischen Gebiet Transnistrien. Die Angst ist gross, dass nun auch dieses Nachbarland der Ukraine in den Krieg verwickelt werden könnte.

  • Putin droht wieder mit Raketenangriffen auf Kiew.

  • Russland hat Polen und Bulgarien das Gas abgestellt.

  • Das britische Verteidigungsministerium hat ukrainische Angriffe auf Nachschublinien in Russland als nicht unbedingt problematisch bezeichnet. Das sieht der Kreml als Ermutigung für die Ukraine, in Russland zuzuschlagen.

  • Deutschland will der Ukraine nach langem Zögern Panzer liefern.

  • Im deutschen Ramstein haben Spitzenvertreter von über 40 Ländern beschlossen, für die Ukraine mehr zu tun als bisher.

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Der 9. Mai steht vor der Tür

Mantovani befürchtet vonseiten der Russen eine weitere militärische Eskalation im Süden der Ukraine und verstärkte Angriffe auf Infrastrukturziele in der ganzen Ukraine. «Insbesondere dürften – wegen der westlichen Waffenlieferungen – Strassen- und Eisenbahnknotenpunkte sowie Flughäfen unter Beschuss geraten.»

Dass Putin den Druck gerade jetzt erhöht, dürfte unter anderem mit dem nahenden 9. Mai zu tun haben. Mantovani: «Am Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland muss Putin einen Erfolg gegen das angebliche Nazi-Regime in Kiew vorweisen können.»

Als Minimalerfolg sieht der Militär-Experte die Landbrücke zur Krim, was eine vollständige Einnahme von Mariupol voraussetze. Er schliesst nicht aus, dass Putin nun auch chemische Waffen einsetzen könnte, um an dieses Ziel zu gelangen.

Als Gegenmassnahme erwartet Mantovani vom Westen eine Erhöhung der Rüstungshilfe. «Vor allem dürften noch mehr offensive Systeme geliefert werden», sagt Mantovani.

Dass der Westen mit regulären Truppen selber in den Krieg eingreift, hält Mantovani nach wie vor für ausgeschlossen. Allerdings will er nicht ausschliessen, dass nach einzelnen Kämpfern bald auch private Sicherheitsfirmen aus dem Westen in den Krieg ziehen.

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Putin spielt mit dem Atomknopf

Der Krieg wird sich laut Mantovani weiterhin auf die Ukraine sowie allenfalls auf das moldawische Gebiet Transnistrien konzentrieren. Dass Putin den Krieg auf Nato-Gebiet ausweitet, hält Mantovani «wegen der damit verbundenen unkalkulierbaren Risiken vorläufig für sehr unwahrscheinlich».

Für Mantovani ist klar: Eine Niederlage kann sich Putin nicht leisten, da er und seine Entourage dann mit der Absetzung oder «noch schlimmeren Konsequenzen» rechnen müssten. Putin werde daher im – für ihn – schlimmsten Fall alle Register ziehen. Mantovani: «Eine operative Niederlage der russischen Armee würde eine Eskalation über die nukleare Schwelle wahrscheinlicher machen.»

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