Ein vertraulicher britischer Bericht sagt der russischen Armee eine düstere Zukunft voraus. Während die Soldaten von Präsident Wladimir Putin (69) sich in der Ostukraine eine Schlacht um die Stadt Sjewjerodonezk mit den ukrainischen Verteidigern liefern, belaufen sich die russischen Verluste der Analyse zufolge auf 30'350 Soldaten.
Ein hoher Preis, den Putin für einen kleinen Sieg im Osten der Ukraine aber offenbar in Kauf nimmt. Doch nun droht dem russischen Militär laut der Analyse der Zusammenbruch. Der Bericht wurde von einem «führenden britischen Russland-Analysten» verfasst und von hochrangigen britischen Regierungsvertretern eingesehen, wie die Zeitung «Mirror» schreibt, der das Papier vorliegt.
Neuen Zahlen zufolge hat Russland zuletzt vermutlich 207 Kampfjets, 174 Militärhelikopter, 1349 Panzer und 13 Boote verloren. Der Bericht erwähnt, Kremlvertreter hätten vergeblich versucht, Putin davon zu überzeugen, dass seine Invasion eine Katastrophe sei. Der russische Präsident glaube aber immer noch, dass er einen Teilsieg erringen könne.
Kostspielige Infanterieangriffe
Die Analyse geht davon aus, dass selbst ein russisches Scheitern in der Ukraine nicht dazu führen wird, dass Putin einen Atomschlag anordnet. Doch eine Niederlage würde seine Absetzung zur Folge haben. «Russlands Versuch, einen schnellen und entscheidenden Sieg im Donbass zu erringen, ist noch nicht gelungen», schreibt der Russland-Analyst. Die russischen Truppen stiessen derweil weiter vor und würden täglich ein bis zwei Kilometer hinzugewinnen.
Die russischen Erfolge seien vor allem auf wiederholte und sehr verlustreiche Infanterieangriffe zurückzuführen, die an das Jahr 1945 und nicht an 2022 erinnern würden, heisst es weiter. Die grosse Frage in diesem Zusammenhang: Wie lange kann die russische Armee noch Verluste in Kauf nehmen?
Selenski: «Wir tun alles, um Vormarsch aufzuhalten»
Der britische Russland-Kommentator Bruce Jones sagt gegenüber dem «Mirror»: «Es muss einen Punkt geben, an dem die russischen Streitkräfte keine weiteren Verluste mehr hinnehmen können, einen Cut-off-Punkt. Dies wäre der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, denn die Einheiten wären nicht mehr in der Lage, als Kampftruppe zu fungieren, weil sie so dezimiert sind.»
Einige Analysten glauben, dass die ukrainische Armee gewinnen und Russland sogar zurückdrängen kann – schliesslich ist es ihr bereits gelungen, Putins Soldaten aus dem Grossraum Kiew zu vertreiben. Gründe dafür seien unter anderem die hohe Motivation der ukrainischen Streitkräfte und die Waffenlieferungen aus dem Westen, so die Beobachter.
In der ostukrainischen Stadt Sjewjerodonezk verteidigt sich die ukrainische Armee nach Kräften. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) sagt, die Einnahme von Sjewjerodonezk sei für die Besatzer fundamental. «Wir tun alles, was wir können, um diesen Vormarsch aufzuhalten.» Allerdings ist es den russischen Streitkräften bereits gelungen, in den südöstlichen und nordöstlichen Teil der Stadt einzudringen und rund die Hälfte der Stadt unter ihre Kontrolle zu bringen. (noo)