Nur wenige Minuten vor dem Massaker in Nashville hat Amokschützin Audrey H.* (†28) eine Nachricht an ihre Freundin geschrieben. Es waren die letzten Worte, die sie auf ihrem Handy eintippte. «Ich plane, heute zu sterben.» Mit Nachdruck hat sie in Grossbuchstaben angefügt: «Das ist kein Witz!»
Am Montagvormittag (Ortszeit) tötete Audrey H. sechs Menschen in einer privaten christlichen Primarschule im US-Bundesstaat Tennessee. Ihre Opfer: drei neunjährige Kinder und drei Erwachsene – darunter die Schulleiterin. Sie war mit zwei Sturmgewehren und einer Handfeuerwaffe bewaffnet. Im zweiten Stock des Schulhauses wurde H. nach einem Schusswechsel von der Polizei erschossen.
«Etwas Schlimmes wird passieren»
Um 9.57 Uhr schreibt die Amokschützin auf Instagram eine Nachricht an Averianna P.* – die beiden waren früher zusammen im Basketball-Team der Schule. «Nach meinem Tod wirst du in den Nachrichten von mir hören», heisst es im Text, der dem Sender WTVF vorliegt. Audrey H. verabschiedet sich. Sie schreibt: «Ich liebe dich. Wir sehen uns in einem anderen Leben wieder.»
Die Freundin der Amokschützin reagierte entrüstet: «Audrey! Du hast noch so viel Leben vor dir. Ich bete, dass Gott dich beschützt und bewahrt.»
Der Appell der Freundin war vergebens. Audrey H. antwortet: «Ich weiss, aber ich will nicht mehr leben. Es tut mir furchtbar leid.» Und weiter: «Ich muss einfach sterben.» Sie habe es Averianna P. als Erste sagen wollen, weil sie «der schönste Mensch ist, den ich in meinem gesamten Leben je kennengelernt habe».
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Die Nachricht legt nahe, dass Audrey H. ihre Horror-Tat im Geheimen geplant hat: «Meine Familie weiss nicht, was ich tun werde.» Doch ihr Motiv wollte sie nicht mit ins Grab nehmen: «Eines Tages wird das alles viel mehr Sinn ergeben. Ich habe mehr als genug Beweismittel hinterlassen», schreibt Audrey H. ihrer Freundin. Danach folgt ihre letzte Nachricht: «Etwas Schlimmes wird passieren.» Nur wenige Augenblicke danach schoss sie auf die Eingangstür der Schule und verschaffte sich Zutritt.
Erste Indizien für Motiv gefunden
Audrey H. war früher Schülerin an der christlichen Privatschule in Nashville. Gemäss aktuellem Ermittlungsstand geht man davon aus, dass die Horror-Tat von langer Hand geplant war. «Wir haben ein Manifest, wir haben einige Schriften, die sich auf diesen Tag, diesen Vorfall beziehen, und die wir auswerten», sagte John Drake, Chef des Polizeidepartements von Nashville.
Es seien Lagepläne der christlichen Privatschule gefunden worden, auf denen unter anderem Überwachungskameras und Eingänge eingezeichnet waren. Demnach soll die Schützin detaillierte Karten der Schule gekennzeichnet haben.
Die Polizei geht davon aus, dass die Schützin die Einrichtung damals gegen ihren Willen besuchen musste. «Es besteht die Überzeugung, dass es einige Ressentiments gab, auf diese Schule gehen zu müssen, und sich deshalb dieser Vorfall ereignet haben könnte», so die Behörden.
Schützin hatte «emotionale Störung»
Zudem ziehen die Ermittler in Erwägung, dass es einen Zusammenhang zwischen der Tat und der Geschlechtsidentität der Amokschützin geben könnte. Audrey H. hat sich als transgender identifiziert. Als transgender werden Menschen bezeichnet, die sich nicht – oder nicht nur – mit dem Geschlecht identifizieren, das bei ihrer Geburt dokumentiert wurde. Die Polizei betont allerdings, dass auch andere mögliche Motive untersucht werden.
Sie war nach Polizei-Angaben wegen einer «emotionalen Störung» in ärztlicher Behandlung. Die 28-Jährige besass sieben legal erworbene Feuerwaffen und versteckte diese im Haus ihrer Eltern, wie Drake, am Dienstag vor Journalisten sagte. Ihre Eltern glaubten demnach, dass sie nur eine Waffe besessen und diese verkauft hatte. «Ihre Eltern hatten das Gefühl, dass sie keine Waffen besitzen sollte», sagte er.
Das Motiv für die Tat sei weiterhin unklar, sagte Drake weiter. Ihre Opfer in der Grundschule habe sie wohl zufällig ausgewählt. Drake nannte keine weiteren Einzelheiten zur «emotionalen Störung» der Täterin oder dazu, welche Behandlung sie erhielt. Die 28-Jährige sei der Polizei nicht bekannt gewesen, betonte er.
* Namen bekannt
Diese Stellen sind rund um die Uhr für Menschen in suizidalen Krisen und für ihr Umfeld da:
- Beratungstelefon der Dargebotenen Hand: Telefon 143 www.143.ch
- Beratungstelefon von Pro Juventute (für Kinder und Jugendliche): Telefon 147 www.147.ch
- Weitere Adressen und Informationen: www.reden-kann-retten.ch
Adressen für Menschen, die jemanden durch Suizid verloren haben
- Refugium – Verein für Hinterbliebene nach Suizid: www.verein-refugium.ch
- Nebelmeer – Perspektiven nach dem Suizid eines Elternteils: www.nebelmeer.net
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- Beratungstelefon der Dargebotenen Hand: Telefon 143 www.143.ch
- Beratungstelefon von Pro Juventute (für Kinder und Jugendliche): Telefon 147 www.147.ch
- Weitere Adressen und Informationen: www.reden-kann-retten.ch
Adressen für Menschen, die jemanden durch Suizid verloren haben
- Refugium – Verein für Hinterbliebene nach Suizid: www.verein-refugium.ch
- Nebelmeer – Perspektiven nach dem Suizid eines Elternteils: www.nebelmeer.net