«Ich weiss nichts darüber»
0:34
Trump über den Geheim-Chat:«Ich weiss nichts darüber»

Geleakte Nachrichten geben exklusiven Einblick in den innersten Trump-Kreis
Im Geheim-Chat fällt J. D. Vance seinem Chef in den Rücken!

Hochrangige Vertreter der amerikanischen Regierung tauschten sich in einem Signal-Chat über einen Angriff auf die Huthi-Rebellen im Jemen aus. Mit in der Gruppe war versehentlich auch ein US-Journalist. Der Chat zeigt, wie Trumps Team tickt.
Publiziert: 25.03.2025 um 13:03 Uhr
|
Aktualisiert: 25.03.2025 um 16:30 Uhr
Ungewöhnliche Einblicke: Vizepräsident J. D. Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth und Präsident Donald Trump.
Foto: AFP

Darum gehts

Die Zusammenfassung von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast.
BlickMitarbeiter42.jpg
Daniel JungRedaktor News

US-Präsident Donald Trump (78) behauptet, die transparenteste Regierung in der Geschichte zu führen. Tiefere Einblicke als geplant hat Trumps Team nun aber gegenüber dem Chefredaktor des US-Magazins «The Atlantic», Jeffrey Goldberg (59), gewährt. Dieser war – mutmasslich aus Versehen – in eine Chatgruppe hochrangiger Regierungsmitglieder hinzugefügt worden, die Militärschläge gegen die Huthi-Rebellen im Jemen besprachen. Der Austausch, der über die App Signal geführt wurde, enthielt hochsensible und geheime Details über Ziele, die vorgesehenen Waffen und die Reihenfolge der Angriffe.

Der Chat lässt aber auch tief blicken in die Gruppe, mit der sich Trump umgibt. So kritisiert etwa Vizepräsident J. D. Vance (40) seinen Chef so heftig wie nie zuvor. Eine Blick-Analyse liefert fünf erstaunliche Erkenntnisse.

1/10
Der Chat zu den Angriffen auf Jemen zeigt, wie der innerste Machtzirkel von Donald Trump (l.) funktioniert.
Foto: Getty Images
1

Die Abneigung gegen Europa sitzt tief

Im Chat machen Vizepräsident Vance und Verteidigungsminister Pete Hegseth (44) ihre Abneigung gegenüber den europäischen Verbündeten deutlich.

Weil auf dem Roten Meer, wo die Huthi-Rebellen Handelsschiffe angreifen, mehr europäische Waren transportiert werden als US-amerikanische, sträubt sich der Vizepräsident gegen einen Militärschlag. «Ich hasse es einfach, Europa wieder aus der Patsche zu helfen», schrieb Vance. Darauf antwortet Hegseth: «Ich teile voll und ganz eine Abscheu vor der europäischen Schmarotzerei. Es ist ERBÄRMLICH.»

Damit wird klar: Vance und Hegseth hegen tatsächlichen einen Groll gegen den alten Kontinent, der in Sicherheitsfragen oft auf die USA angewiesen ist.

2

Vance wollte einen anderen Kurs fahren

Am vorletzten Wochenende griffen die USA dann Stellungen der vom Iran unterstützten Huthi-Miliz im Jemen an. Nach Angaben der Huthi wurden mindestens 53 Menschen getötet. Vor dem Angriff sprach sich Vizepräsident J. D. Vance für Zurückhaltung aus – auch wenn sein Chef, Präsident Trump, etwas anderes angeordnet hatte.

«Ich glaube, wir machen einen Fehler», schrieb Vance – eben weil die Europäer wirtschaftlich vom Schutz der internationalen Seewege im Roten Meer stärker profitieren würden. «Es besteht ein echtes Risiko, dass die Öffentlichkeit dies nicht versteht oder nicht versteht, warum es notwendig ist», warnte Vance. Der Vizepräsident machte sich also Sorgen darüber, dass die «America first»-Wähler von Trump ein Engagement der US-Marine, das nicht zuerst den Amerikanern zugutekäme, nicht goutieren würden – und Trump dies falsch einschätzen könnte.

3

Dabei hinterfragte der Vizepräsident seinen Chef

Vance macht dann eine bemerkenswerte Aussage, wenn man bedenkt, dass er bisher in kaum einer Frage je öffentlich von Trumps Positionen abgewichen ist. Er schrieb: «Ich bin mir nicht sicher, ob dem Präsidenten bewusst ist, wie sehr dies im Widerspruch zu seiner Botschaft an Europa steht.»

Die «Botschaft an Europa» ist Trumps klare Aufforderung, aufzurüsten und in Sicherheitsfragen selbständiger zu werden. Wenn die Amerikaner im Jemen erneut die Kohlen aus dem Feuer holen, dann werde diese Botschaft verwässert. Vance kritisiert also, dass Trump die Konsequenzen seines Handelns nicht genügend bedacht habe. Auch deshalb forderte er zunächst, den Angriff um einen Monat zu verschieben – was jedoch nicht geschah.

4

Weltpolitik wird mit Emojis gemacht

Nachdem die ersten Luftangriffe auf die Stützpunkte und Raketenabwehrstellungen der Huthi-Rebellen erfolgt waren, reagierte der nationale Sicherheitsberater Mike Waltz (51) im Chat mit drei Emojis: einer Faust, einer amerikanischen Flagge und einem Feuer-Symbol.

Aussenminister Marco Rubio (53) und die Stabschefin des Weissen Hauses, Susie Wiles (67), äusserten ihre Unterstützung in Worten. Steve Witkoff (68), der Sondergesandte für den Nahen Osten, postete gleich fünf Emojis: zweimal betende Hände, ein angespannter Bizeps und zwei US-Flaggen.

In den letzten gut zehn Jahren haben Emojis einen Siegeszug durch die Welt der Kommunikation angetreten. Waren sie zuerst bei Teenagern beliebt, werden sie inzwischen auch in der internen Kommunikation von Firmen eingesetzt – und nun offenbar auch bei der Durchführung von US-Militärschlägen.

5

In der US-Regierung wird viel gebetet

An verschiedenen Stellen wird im Signal-Chat über das Beten gesprochen oder werden eben gefaltete Hände gepostet. Kurz vor dem Angriff kündigt Vizepräsident Vance an: «Ich werde ein Gebet für den Sieg sprechen.» Zwei andere Nutzer fügten Gebets-Emojis hinzu. Nach dem Angriff bedankte sich Stabschefin Wiles bei den Verantwortlichen des Militärs: «Wirklich grossartig. Gott segne euch.»

Während im Schweizer Polit-Alltag Religion nur eine untergeordnete Rolle spielt, ist das in den USA anders. Bei Trumps Amtseinführung etwa wurden insgesamt fünf zum Teil längere Gebete gesprochen. Und offenbar wird dies nicht nur nach aussen so getan: Auch beim vermeintlich vertraulichen Austausch im Signal-Chat nehmen die hochrangigen Regierungsvertreter immer wieder Bezug auf ihren Glauben. Ob sie nun dafür beten, dass die Verletzung der Geheimhaltungspflichten keine negativen Konsequenzen hat?

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?