Europa
Weitere US-Raketenwerfer für die Ukraine - Die Nacht im Überblick

Zur Unterstützung im bereits seit 148 Tagen andauernden Krieg gegen Russland haben die USA der Ukraine weitere Mehrfach-Raketenwerfer vom Typ Himars zugesichert.
Publiziert: 21.07.2022 um 07:37 Uhr
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Aktualisiert: 21.07.2022 um 09:48 Uhr
Ein Soldat des regionalen Verteidigungsbataillons an der Frontlinie in Charkiw. Foto: Hector Adolfo Quintanar Perez/ZUMA Press Wire/dpa
Foto: Hector Adolfo Quintanar Perez

Die Führung in Kiew zeigte sich dankbar, fordert aber dringend auch die Lieferung von Luftabwehrsystemen. Ein Sieg seines Landes gegen die russischen Angreifer würde ganz Europa schützen, betonte Präsident Wolodimir Selenski in seiner Videoansprache in der Nacht zum Donnerstag.

Kremlchef Wladimir Putin kündigte unterdessen den Wiederaufbau von Städten im Donbass an, die durch den von ihm angeordneten Krieg überhaupt erst zerstört wurden. Moskau stellt sich immer wieder als Schutzmacht der selbsternannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine dar und rechtfertigt den Angriff auf das Nachbarland unter anderem mit dem angeblichen Schutz der dort lebenden Menschen.

Dass es Russland tatsächlich aber um viel mehr geht als den Donbass, bestätigte nun auch Aussenminister Sergej Lawrow: Seine Drohung, noch weitere Gebiete einzunehmen, wurde in Kiew erwartungsgemäss mit grosser Wut aufgenommen.

Krieg in der Ukraine

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US-Regierung: Weitere Mehrfach-Raketenwerfer für die Ukraine

Die US-Regierung will der Ukraine vier weitere Mehrfach-Raketenwerfer vom Typ Himars liefern. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sagte bei Online-Beratungen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe aus Dutzenden Staaten, die bisher gelieferten Himars-Raketenwerfer hätten «auf dem Schlachtfeld so viel bewirkt». Als Teil des nächsten Pakets für die Ukraine würden die USA ausserdem weitere Waffen, Munition und Ausrüstung liefern, darunter Raketen und Artilleriegeschosse. Details würden im Laufe der Woche bekanntgegeben.

Austin sagte bei einer Pressekonferenz nach den Beratungen, es habe «viele neue Ankündigungen» der Verteidigungsminister und Armeechefs aus den mehr als 50 teilnehmenden Staaten gegeben. «Wir sehen, dass Länder aus der ganzen Welt weiterhin dringend benötigte Systeme und Munition zur Verfügung stellen.» Konkreter wurde er nicht.

Die USA sind der wichtigste Waffenlieferant für die Ukraine. Bislang haben sie laut US-Generalstabschef Mark Milley neben zahlreichen anderen Waffensystemen bereits zwölf Himars-Systeme geliefert.

Ebenfalls am Mittwoch hatte die ukrainische Präsidentengattin Olena Selenska die USA bei einer Rede im Kapitol in Washington eindringlich um mehr Waffen und speziell um Luftabwehrsysteme gebeten.

Selenski: Russland nutzt Ukraine als Testfeld

Präsident Selenski selbst warf Russland unterdessen vor, die Ukraine als Testfeld für mögliche Angriffe gegen andere europäische Staaten zu nutzen. «Russland testet in der Ukraine alles, was gegen andere europäische Länder eingesetzt werden kann», sagte Selenski. «Es fing mit Gaskriegen an und endete mit einer grossangelegten Invasion, mit Raketenterror und niedergebrannten ukrainischen Städten.»

Ukrainischer Aussenminister: Russland will Blut statt Verhandlungen

Die Ukraine reagierte empört darauf, dass Russland mit der Einnahme weiterer Gebiete gedroht hatte. «Russland verwirft die Diplomatie und ist auf Krieg und Terror konzentriert», schrieb der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba auf Twitter. Anstelle von Verhandlungen seien die Russen auf Blutvergiessen aus. Zuvor hatte Russlands Aussenminister Lawrow erklärt, Moskaus Gebietsforderungen an Kiew seien mittlerweile grösser als noch zu Kriegsbeginn Ende Februar.

Nach dem Einmarsch ins Nachbarland hatte der Kreml von Kiew vor allem die Abtretung der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim sowie die der ostukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk gefordert. Die Ukraine lehnte das klar ab. Nun verweist Moskau auf westliche Waffenlieferungen, die angeblich eine Bedrohung für die prorussischen Separatistengebiete Luhansk und Donezk darstellen sollen. Deshalb wolle man die ukrainische Armee noch weiter zurückdrängen als ursprünglich geplant, heisst es aus Moskau.

Kremlchef Putin verspricht Wiederaufbau des Donbass

Russlands Präsident Putin hat angesichts der schweren Zerstörungen durch seinen Krieg in der Ukraine einen Wiederaufbau der Städte im Donbass angekündigt. Es sei viel zu tun in Luhansk und Donezk, sagte Putin. «Deshalb wird unser Land der Volksrepublik Luhansk und der Volksrepublik Donezk helfen», sagte er bei einer Videokonferenz mit Kindern und Jugendlichen. Russland hatte im Februar die von der Ukraine abtrünnigen Gebiete Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten anerkannt und danach den Krieg begonnen - offiziell zu deren Schutz.

Russische Grenzregion wirft Ukraine tödlichen Beschuss vor

Die russische Grenzregion Belgorod macht die ukrainische Seite für einen Angriff mit einem Todesopfer verantwortlich. Am Mittwoch seien die Dörfer Nechotejewka und Schurawljowka beschossen worden, teilte der Gouverneur der Region mit. In Nechotejewka seien mehrere Häuser beschädigt worden, ausserdem sei ein Zivilist gestorben. Russland, das den Krieg gegen das Nachbarland Ukraine selbst begonnen hat, beklagt seitdem immer wieder Beschuss auch auf dem eigenen Staatsgebiet. Die ukrainische Seite äussert sich in der Regel nicht zu diesen Vorwürfen.

Das Wahl- und Menschenrechts-Büro ODIHR der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) warf den russischen Truppen schwerwiegende und massenhafte Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht seit Kriegsbeginn vor. Besonders gravierende Fälle seien der Beschuss des Theaters voller Flüchtlinge in Mariupol Mitte März und des belebten Bahnhofs von Kramatorsk Anfang April. Entsetzt zeigten sich die Experten auch über die Belagerung von Städten, deren Bewohnern keine Möglichkeit zur Evakuierung gegeben worden sei. Zeugen hätten von vielen Fällen illegaler Hinrichtungen, Inhaftierungen, Folter, sexueller Gewalt und Entführungen berichtet.

Auch die ukrainische Armee habe gegen humanitäres Völkerrecht verstossen, wenn auch in geringerem Masse, heisst es in dem ODIHR-Bericht. Zudem würden beide Seiten im Umgang mit Kriegsgefangenen das geltende Völkerrecht verletzen.

Das wird am Donnerstag wichtig

Die neuen Russland-Sanktionen der EU sollen an diesem Donnerstag in Kraft treten. Der Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten brachte am Mittwoch in Brüssel das schriftliche Beschlussverfahren auf den Weg. Es gilt als Formalie, da der Einleitung des Verfahrens normalerweise nur zugestimmt wird, wenn alle EU-Hauptstädte keine Einwände mehr haben.

Ausserdem steht die Frage im Raum, ob die zuletzt wichtigste Pipeline für russische Gaslieferungen nach Europa am Donnerstag wieder den Betrieb aufnimmt. Lässt Russland tatsächlich Gas in nennenswerter Menge bei der deutschen Anlandestation der Pipeline Nord Stream 1 ankommen - oder wird die Energiekrise weiter verschärft? Moskau liess das Ausland hier bis zuletzt im Unklaren.

(SDA)

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