Anna (25) konnte Todesfahrer Taleb A. gerade noch ausweichen
1:43
«Papa hat es erwischt»:Anna (25) konnte Todesfahrer Taleb A. knapp ausweichen

«Er hiess bei uns ‹Dr. Google›»
Amokfahrer Taleb A. sorgte für Misstrauen bei Arbeitskollegen

Drei Tage nach dem brutalen Angriff auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt suchen die Behörden weiter nach dem Motiv des Amokfahrers. Bei seinen ehemaligen Arbeitskollegen sorgte Taleb A. bereits seit Längerem für Stirnrunzeln.
Publiziert: 09:06 Uhr
|
Aktualisiert: 10:43 Uhr
1/5
Drei Tage nach dem brutalen Angriff auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt häufen sich die Spekulationen über den mutmasslichen Amokfahrer.
Foto: x

Auf einen Blick

  • Die Ermittlungen zu Taleb A. laufen nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt auf Hochtouren
  • Seine Tat sorgt für viele Fragezeichen
  • In der Belegschaft seines früheren Arbeitsortes sorgte der Amokfahrer offenbar für Misstrauen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Cédric_Hengy_Redaktor News_Blick_2-Bearbeitet.jpg
Cédric HengyRedaktor News

Nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt mit fünf Toten und vielen Schwerverletzten rückt die Aufarbeitung des brutalen Angriffs in den Fokus. Die derzeit wohl grösste Knacknuss für die Ermittler: der mutmassliche Täter Taleb A.* (50) selbst.

Dieser sorgt für so manches Fragezeichen. Ein 2006 nach Deutschland gereister Saudi-Arabier, der einer respektierten Arbeit nachgeht, dem Islam für immer abgeschworen zu haben scheint – und dann plötzlich eine solch barbarische Tat begeht.

Passt in kein Raster

«Nach 25 Jahren in diesem Geschäft denkst du, nichts könnte dich mehr überraschen», schrieb der deutsche Terrorismus-Experte Peter Neumann nach dem Angriff auf der Plattform X. «Aber ein 50-jähriger, saudischer Ex-Muslim, der in Ostdeutschland lebt, die AfD liebt und Deutschland für seine Toleranz gegenüber Islamisten bestrafen will – das hatte ich wirklich nicht auf dem Zettel.»

Nicht nur er ist überrascht. Auch den Behörden gibt das Profil des Mannes bislang Rätsel auf. «Es gilt, alle Erkenntnisse zusammenzufügen, die ein Bild über diesen Täter ergeben, der in kein bisheriges Raster passt», so die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (54).

Die Polizei äussert sich nicht zu den Motiven des Fünfzigjährigen, solange die Ermittlungen andauern. Wenig erstaunlich kursieren im Netz mittlerweile viele Spekulationen über Taleb A. und seine Beweggründe. Eine Theorie, die in den sozialen Medien rege geteilt wird – darunter auch von X-Chef Elon Musk (53) – besagt, A. sei in Wahrheit ein schiitischer Extremist, der sein atheistisches Image über Jahre hinweg sorgfältig gepflegt habe, um alle zu täuschen. Für diese Theorie gibt es allerdings keinerlei Beweise.

«Hiess bei uns ‹Dr. Google›»

Ebenfalls für Aufsehen sorgt ein Bericht der «Mitteldeutschen Zeitung», welcher der beruflichen Tätigkeit von Taleb A. auf den Grund geht. So seien in der Belegschaft des Massregelvollzugs Bernburg die Zweifel an ihm stetig gewachsen, seit er dort im März 2020 seine Arbeit aufgenommen hatte.

«Er heisst bei uns ‹Dr. Google›», sagt ein Mitarbeiter gegenüber der «Mitteldeutschen Zeitung». Den spöttischen Spitznamen trage er, weil er «vor jeder gestellten Diagnose im Internet nachgucken musste». Dies sei jedoch nicht das einzige seltsame Verhalten, das Taleb A. in den vergangenen viereinhalb Jahren an den Tag gelegt haben soll. So soll der Todesfahrer von Magdeburg seine Visiten grundsätzlich allein gemacht haben. «Gespräche mit uns Mitarbeitern hat er möglichst vermieden», heisst es.

Patienten sollen Behandlung verweigert haben

Auch bei Patienten soll der saudische Arzt offenbar auf Misstrauen gestossen sein. «Einige haben sich geweigert, von ihm behandelt zu werden.» Dies unter anderem, weil er offenbar auch nach so langer Zeit in Deutschland noch immer schlecht Deutsch sprach, was wiederholt zu Missverständnissen bei der Diagnosestellung geführt habe, berichtet eine Angestellte.

Trotz dieser Fälle habe der Saudi zur Verwunderung der Mitarbeiter aber weiterhin im Massregelvollzug tätig bleiben dürfen. «Hinweise von uns hat die Klinikleitung immer wieder abgewiegelt», sagt eine Beschäftigte. Im Mai dieses Jahres sei A. dann wochenlang verschwunden gewesen. «Wir dachten alle, dass unser Verdacht richtig ist und er sich abgesetzt hat, weil er kein Arzt ist. Bis er plötzlich wieder auftauchte.»

Bis Ende Oktober sei Taleb A. noch im Dienst geblieben, danach habe er Ferien und freie Tage bezogen und habe sich krankschreiben lassen. Seine Krankschreibung lief laut der «Mitteldeutschen Zeitung» bis zum 20. Dezember – dem Tag seiner Amokfahrt.

* Name bekannt

Fehler gefunden? Jetzt melden