Was wir wissen – und was nicht
- Ein Auto fuhr am frühen Freitagabend auf dem Weihnachtsmarkt in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt in eine Menschengruppe
- Ministerpräsident Reiner Haseloff spricht von mindestens zwei Toten, einem Erwachsenen und einem Kleinkind
- Mindestens 60 Menschen sind nach offiziellen Angaben verletzt, darunter sind 15 Schwerstverletzte
- Haseloff bestätigt, dass der Fahrer festgenommen wurde
- Der Mann soll nach Angaben von Landesinnenministerin Tamara Zieschang ein 50-jähriger Arzt aus Bernburg sein, der aus Saudi-Arabien stammt
- Der Mann ist demnach 2006 erstmals nach Deutschland gekommen, arbeitet hier und hat einen unbefristeten Aufenthaltstitel
- Haseloff geht von einem Einzeltäter aus und von keiner weiteren Gefahr
- Nach Informationen aus Sicherheitskreisen ist der mutmassliche Täter nicht als Islamist bekannt
- Der Mann wird nach offiziellen Angaben verhört
- Stadtsprecher Michael Reif sagt, es handle sich um einen Anschlag
- Der Weihnachtsmarkt ist laut Polizei geschlossen.
Was wir nicht wissen:
- Die genaue Zahl von Verletzten ist unklar
- Der Name des Täters ist laut Medien Taleb A.*, was offiziell noch nicht bestätigt wurde
- Der Hintergrund des Vorfalls und das Motiv des Täters sind unklar
- Wie konnte der Täter die Schutzmassnahmen umgehen?
Terror-Experte über Amokfahrt überrascht
Extremismus-Experte Peter R. Neumann warnt schon länger davor, dass sich der internationale Terrorismus vermehrt auch in Westeuropa bemerkbar macht und es auch mehr Anschläge geben wird. Die Amokfahrt von Magdeburg überrascht ihn trotzdem.
«Nach 25 Jahren in diesem ‹Geschäft› denkst Du, nichts könnte Dich mehr überraschen. Aber ein 50-jähriger, saudischer Ex-Muslim, der in Ostdeutschland lebt, die AfD liebt und Deutschland für seine Toleranz gegenüber Islamisten bestrafen will - das hatte ich wirklich nicht auf dem Zettel», schreibt Neumann auf X.
Gedenkstunde am Abend
In Magdeburg bleiben nach dem mutmasslichen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt öffentliche Kultureinrichtungen in den kommenden Tagen geschlossen. Als Zeichen der Trauer bleiben alle städtischen Kultureinrichtungen, darunter das Theater, das Puppentheater und die Museen geschlossen, teilte die Stadt am Samstag mit. Die Schliessung gelte für «die kommenden Tage» - nähere Angaben machte die Stadt nicht.
Die Stadt kündigte ausserdem an, vor dem Westportal der Magdeburger Johanniskirche eine Möglichkeit zu schaffen, um innezuhalten und somit in unmittelbarer Nähe des Tatorts trauern und Blumen niederlegen zu können. Samstagabend um 19 Uhr findet im Magdeburger Dom eine Gedenkstunde statt.
Fussballwelt unter Schock – Weihnachtsshow abgesagt
Die Tragödie erreicht auch die Fussballstadien Deutschlands. Magdeburg gewinnt zwar auswärts in Düsseldorf (5:2), doch alle Protagonisten sind mit ihren Gedanken bei den Opfern und deren Angehörigen. «Es ist erschreckend», sagt etwa Düsseldorf-Captain Andre Hoffmann.
Auch in München verkommt die 5:1-Gala der Bayern gegen RB Leipzig zur Nebensache. Die im Anschluss an das Spiel geplante Weihnachtsshow sagt der deutsche Rekordmeister kurzfristig ab. Klub-Boss Jan-Christian Dreesen (57) wendet sich an die Fans: «Dass ich jetzt hier stehe, haben wir uns völlig anders vorgestellt. Die Zeremonie sollte eine fröhliche sein, das passt in diesem Moment nicht.» Er bittet die Zuschauer, sich zu erheben und den Opfern und zu gedenken.
Nach der Schweigeminute ergreift Dreesen erneut das Wort: «Das Weihnachtsfest ist ein Fest der Liebe, ein Symbol des Friedens. Deshalb wollen wir ein Lied gemeinsam singen: ‹Stille Nacht, Heilige Nacht›.» Danach leert sich die Münchner Allianz-Arena.
Saudi-Arabien soll vor Totfahrer gewarnt haben
Taleb A. studierte Medizin in seinem Heimatland Saudi-Arabien, bevor er nach Deutschland kam. Die Behörden dort hatten ihn wohl schon im Visier.
Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters erklärt jetzt eine vertrauliche Quelle, dass Saudi-Arabien die Behörden in Deutschland vor dem Totfahrer von Magdeburg gewarnt haben soll. Er habe vor der Wahnsinnstat auf seinem X-Account extremistische Ansichten veröffentlicht.
«Keine Hinweise auf Mittäter»
Nach der Todesfahrt über den Magdeburger Weihnachtsmarkt gehen die Ermittler weiter von einem Einzeltäter aus. Hinweise, nach denen ein zweites, möglicherweise tatrelevantes Auto in der Innenstadt gesichtet wurde, hätten sich nicht bestätigt, teilte die Polizei auf X mit.
Die Einsatzmassnahmen dauerten an, es würden unter anderem Durchsuchungen durchgeführt, hiess es weiter. Eine Sprecherin sagte, es laufe eine Durchsuchung in Bernburg. Details nannte sie nicht. «Aktuell haben wir keine Hinweise auf Mittäter.»
Wirre Äusserungen in den sozialen Medien
Die «Welt» fand in den sozialen Medien Profile, die auf die Angaben zum Verhafteten zutreffen. Noch am Freitagabend postete er demnach auf X mehrere Videos mit wirren Aussagen. «Ich mache die deutsche Nation für die Tötung von Sokrates verantwortlich», soll er darin auf Englisch erklärt haben. Der Mann fühlte sich offenbar verfolgt: Er mache die deutschen Bürgen für seine Verfolgung verantwortlich, die er in Deutschland erfahre, wird er weiter zitiert.
Im Profiltext des Mannes steht: «Deutschland jagt saudische Asylbewerberinnen innerhalb und ausserhalb Deutschlands, um ihr Leben zu zerstören. Deutschland will Europa islamisieren.» Mehr zum Verdächtigen erfährst du hier.
Auftritt als Islamkritiker
Gemäss übereinstimmenden deutschen Berichten handelt es sich beim Verdächtigen um Taleb A.*, der in der Vergangenheit mehreren Medien Interviews gegeben hat. Von den Behörden wurde seine Identität noch nicht offiziell bekanntgegeben. Gegenüber der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» bezeichnete er sich als «aggressivsten Kritiker des Islams in der Geschichte». Er sei Atheist und habe als Ungläubiger und Islamkritiker in seinem Heimatland Verfolgung befürchtet. Auch bei BBC und im «Spiegel» gab er Interviews.
* Name bekannt
Saudi-Arabien verurteilt Angriff
Saudi-Arabien verurteilt die tödliche Attacke auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. «Das Königreich bringt seine Solidarität mit dem deutschen Volk und den Familien der Opfer zum Ausdruck», schreibt das Aussenministerium in einer Mitteilung auf X. Demnach bekräftige das Königreich seine Haltung, Gewalt abzulehnen. Den Verletzten wünsche man eine schnelle Genesung.
Video soll Verhaftung zeigen
Nach der tödlichen Attacke auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt soll ein Handyvideo die Festnahme des Verdächtigen zeigen. In dem Clip ist zu sehen, wie ein Polizist seine Waffe auf den Verdächtigen richtet und ihm zuruft, sich hinzulegen: «Die Hände auf den Rücken! Bleib liegen!»
Der Mann legt sich neben einem schwarzen – sichtbar beschädigten – Auto auf den Boden und befolgt die Anweisungen. Schliesslich kommt Verstärkung, mehrere Polizisten springen aus dem Einsatzwagen und umkreisen den am Boden liegenden Verdächtigen. Der Polizist weist seine Kollegen an, «nicht so nah ran» zu gehen.
Bundespräsidentin Amherd «erschüttert»
Bundespräsidentin Viola Amherd zeigt sich erschüttert über die Tat in Magdeburg. «Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen», schreibt Amherd auf dem Kurznachrichtendienst X. Die Schweiz stehe in diesen schweren Stunden an der Seite Deutschlands.