Da hat sich der britische Premierminister Boris Johnson (56) aber gewaltig getäuscht. Am 2. Januar 2020 twitterte er: «Das wird ein fantastisches Jahr für Britannien werden.» Nun, kurz vor Ende dieses Jahres, sieht alles ein bisschen anders aus: Das Königreich steckt in der grössten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg!
Zu all den chaotischen Last-Minute-Verhandlungen über einen zukünftigen Handelspakt mit der EU, ohne den Grossbritannien ab 1. Januar 2021 komplett von der EU abgenabelt wird, kommt nun eine besonders aggressive Mutation des Coronavirus. Viele Länder haben den Luftverkehr mit Grossbritannien ganz gestoppt.
Frankreich, das mit London im Fischerei-Streit liegt, hat in der Nacht von Sonntag auf Montag den gesamten Verkehr auf Strasse, Schiene, See sowie in der Luft eingestellt. Zuvor hatten Tausende versucht, noch einen Zug oder einen Flug zu erwischen, um die Insel zu verlassen. Die EU will Anfang Woche über die komplette Unterbrechung des Personenverkehrs entscheiden.
Bald der letzte Freund weg
In Grossbritannien steigt die Angst, dass nicht nur der Corona-Impfstoff im Stau stecken bleibt, sondern auch keine Lebensmittel vor Weihnachten mehr geliefert werden können. Zu Engpässen könnte es besonders bei Salat, Blumenkohl, Brokkoli und Zitrusfrüchten kommen.
Vor Weihnachten überqueren rund 10'000 Lastwagen täglich den Ärmelkanal. Weil der Hafen von Dover geschlossen ist, stauen sich die Lastwagen auf mehreren Kilometern. Armee-Flugzeuge stehen bereit, um im Notfall Corona-Impfdosen aus Belgien einzufliegen.
«Die einzigen Freunde Britanniens sind noch die USA», titelt die britische Boulevard-Zeitung «The Sun», weil Donald Trumps (74) Leute versprechen, Flüge aus Grossbritannien nicht zu grounden. Das Problem: Trump muss am 20. Januar 2021 das Weisse Haus verlassen. Der letzte Freund wird dann weg sein.
Grossbritannien hat die EU am 31. Januar 2020 verlassen. Während einer Übergangsfrist, die bis Ende Jahr dauert, wird über eine Anschlusslösung verhandelt. Aber bis Montag gab es bei Gesprächen zwischen Brüssel und London immer noch keine Fortschritte.
Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon (50), die ihr Land nach dem Brexit vom Königreich loslösen und zurück in die EU führen will, fordert eine Verlängerung der Übergangsfrist mit der EU.
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Höchste Alarmstufe
Boris Johnson hat inzwischen London und Teile Südenglands unter die höchste Corona-Alarmstufe vier gestellt. Nicht notwendige Läden, Dienstleistungen und Freizeitanlagen sind geschlossen, die geplante Lockerung für Weihnachten, die ein Treffen von bis zu drei Haushalten ermöglichen sollte, wird gestrichen.
Als Boris Johnson am 2. Januar ein fantastisches Jahr in Aussicht stellte, folgten auf Twitter Antworten wie «Ich bin stolz auf den Premierminister, den wir gewählt haben». Heute dürfte bei vielen Briten dieser Stolz verflogen sein.